Leitsatz
Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb i.S.d. § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG liegt nicht vor, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die land- und forstwirtschaftliche Betätigung nur die untergeordnete Bedeutung einer Hilfstätigkeit hat und die gewerbliche Betätigung dem Betrieb das Gepräge gibt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein Land- oder Forstwirt seine gesamte Ernte zur Energieerzeugung in einer Biogasanlage einsetzt und die erzeugte Energie entgeltlich an Dritte abgibt.
Normenkette
§ 3 Nr. 7 Buchst. a, § 12 Abs. 2 KraftStG
Sachverhalt
Der Kläger ist Halter einer Zugmaschine, für die er die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG begehrt. Er betreibt mit selbst erzeugter Biomasse eine Biogasanlage sowie ein Blockheizkraftwerk zur Erzeugung von Strom, den er entgeltlich in das öffentliche Stromnetz einspeist. Die gesamte Ernte des Klägers wird zur Stromerzeugung verwertet.
Das FA versagte die begehrte Steuerbefreiung. Die Klage hatte keinen Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 27.10.2011, 14 K 37/10, Haufe-Index 2827188, EFG 2012, 178).
Entscheidung
Auch die Revision des Klägers hatte aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen keinen Erfolg.
Hinweis
Mit dem Betrieb von Biogasanlagen ist ein Wirtschaftszweig entstanden, der neue steuerliche Abgrenzungsfragen zwischen Land- und Fortwirtschaft einerseits und Gewerbebebetrieb andererseits aufwirft. Die Problematik ist allerdings nicht auf die Ertragsteuern beschränkt, sondern stellt sich auch bei der Kraftfahrzeugsteuer: Nach § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG ist das Halten u.a. von Zugmaschinen von der Kraftfahrzeugsteuer befreit, solange diese Fahrzeuge ausschließlich "in" land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden. Allerdings definiert das KraftStG den Begriff "landwirtschaftlicher Betrieb" nicht. Es muss daher auf allgemeine bewertungsrechtliche bzw. ertragsteuerrechtliche und Grundsätze zurückgegriffen werden.
1. Nach allgemeinen Grundsätzen liegt in Abgrenzung zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die land- und forstwirtschaftliche Betätigung nur die untergeordnete Bedeutung einer Hilfstätigkeit hat und die gewerbliche Betätigung dem Betrieb das Gepräge gibt. Die getrennte Behandlung einer teils als landwirtschaftlich und teils als gewerblich anzusehenden Tätigkeit scheidet aus, wenn die Verbindung zwischen beiden Tätigkeitsbereichen planmäßig im Interesse des Hauptbetriebs gewollt ist und sich beide Tätigkeitsbereiche gegenseitig bedingen und so miteinander verflochten sind, dass der gesamte Betrieb nach der Verkehrsauffassung als einheitlicher Betrieb anzusehen ist.
2. Daraus folgt im Blick auf den Betrieb einer Biogasanlage: Sie ist ein einheitlicher Gewerbebetrieb, wenn ein Land- oder Forstwirt seine gesamte Ernte zur Energieerzeugung in einer Biogasanlage einsetzt und die erzeugte Energie entgeltlich an Dritte abgibt. Bei dieser Wirtschaftsweise erhält der Betrieb der Biogasanlage das entscheidende Gepräge durch die Abgabe der erzeugten Energie an Dritte.
Diese Qualifizierung liegt ganz auf der Linie des BMF-Schreibens vom 6.3.2006, BStBl I 2006, 248 zur ertragsteuerlichen Behandlung von Biogasanlagen. Das BMF-Schreiben nimmt zudem weitere Abgrenzungen danach vor, ob die Biogasanlage nur Teil eines land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetriebs bzw. Nebenbetriebs oder eines gemeinschaftlichen Nebenbetriebs ist.
3. Das Halten einer Zugmaschine für eine Biogasanlage, die ein einheitlicher Gewerbebetrieb ist, ist nicht nach § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG befreit.
Jedenfalls bei der KraftStG ist die Trennung des einheitlichen Gewerbebetriebs in zwei Verarbeitungsstufen – zum einen die der "landwirtschaftlichen Urproduktion" und zum anderen die der gewerblichen Stromproduktion – ausgeschlossen. § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG sollte nach seiner Intention so weit wie nur möglich auf den Bereich der Land- und Forstwirtschaft beschränkt bleiben. Der Einsatz eines Fahrzeugs "wie von einem Landwirt" reicht für die Steuerbefreiung nicht aus.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.3.2013 – II R 55/11