Wie bereits kurz angeführt, kann auch ein Nicht-Bevollmächtigter das Unternehmen wirksam vertreten. Das Gesetz unterscheidet zwischen 2 Grundarten, in denen auch ein Vertreter ohne (hinreichende) Vollmacht das Unternehmen wirksam vertreten kann.
Dies ist dann der Fall, wenn der Nicht-Bevollmächtigte sich als solcher ausgibt und im Namen des Unternehmens auftritt, der Geschäftsführer das Handeln kennt und über längere Zeit duldet (Duldungsvollmacht) und der Geschäftspartner aufgrund des äußeren Anscheins auf die Vollmacht vertrauen durfte (Gutgläubigkeit).
Des Weiteren dann, wenn der Geschäftsführer das Handeln des Nicht-Bevollmächtigten nicht kennt, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der Geschäftspartner von einer wirksamen Vollmacht ausgehen konnte (Anscheinsvollmacht).
Die Merkmale sind schwer voneinander abzugrenzen und auch in der Rechtsprechung umstritten. Jedenfalls ist der Vertragspartner nach einhelliger Auffassung nicht verpflichtet, Nachforschungen über den Umfang der erteilten Vollmacht anzustellen. Hatte er die mangelnde Vollmacht (bzw. den Umfang der Vollmacht) aber aufgrund ihres äußeren Anscheins erkannt (keine Gutgläubigkeit) oder erkennen müssen (grobe Fahrlässigkeit), kann er sich nicht mehr auf den Anschein berufen (§ 54 Abs. 3 HGB). Damit sind von der Anscheinsvollmacht grundsätzlich die Geschäfte ausgenommen, zu denen der Vertreter auch dem Anschein nach nicht bevollmächtigt wurde.
Anscheins- und Duldungsvollmachten vermeiden
Das klassische Beispiel einer Anscheins- und Duldungsvollmacht ist der Angestellte, der immer wieder seine Befugnisse überschreitet und im Namen der GmbH Verträge abschließt. Der Geschäftsführer hat hier die Pflicht, solches Verhalten zu überwachen und zu unterbinden. Schreitet er nicht ein oder überwacht er seinen Angestellten nicht hinreichend, kann dieser das Unternehmen unter Umständen trotz mangelnder Vollmacht wirksam vertreten, wenn der Vertragspartner davon ausgehen kann, dass der Mitarbeiter zur Vertretung berechtigt ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Angestellte innerhalb der Geschäftsräume des Unternehmens handelt. Es ist immer darauf zu achten, dass übereifrige Mitarbeiter ihre Kompetenzen nicht gegen den Willen des Geschäftsführers überschreiten.
Grundsätzlich besteht Einigkeit darin, dass ein Vertragspartner, der den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder hätte kennen müssen, sich nicht auf eine wirksame Vertretung berufen kann. Ein Vertragsverhältnis ist in diesen Fällen zwischen dem Vertragspartner und dem Unternehmen nicht entstanden.
Schutz vor Missbrauchsvollmachten
Ein Unternehmen kann am besten vor einem Missbrauch der Vollmacht geschützt werden, indem auch dem Vertragspartner gegenüber erklärt wird, in welcher Weise der Bevollmächtigte zur Vertretung berechtigt ist. Dieses Vorgehen ist aber insbesondere im Tagesgeschäft nur schwer umzusetzen. Denkbar wären bspw. Rundschreiben, E-Mails oder Aushänge in den Geschäftsräumen. Nicht ausreichend sind hingegen undeutliche Eintragungen auf der Internethomepage oder in den AGB des Unternehmens.