Leitsatz
Die unentgeltliche Zuwendung einer atypisch stillen Beteiligung ist mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags zivilrechtlich wirksam vollzogen (Bestätigung und Fortentwicklung des BGH-Urteils vom 29.11.2011, II ZR 306/09, BGHZ 191, 354).
Normenkette
§ 518 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO
Sachverhalt
Der alleinige Gesellschafter einer GmbH hatte dieser ein Darlehen gegeben, von dem er mit privatschriftlichem Vertrag einen Teilbetrag an seine Tochter abtrat. Die Tochter sollte mit dem Betrag die Zahlungsverpflichtung aus der Übernahme einer stillen Beteiligung an der GmbH erfüllen. Nach dem ebenfalls privatschriftlich geschlossenen Gesellschaftsvertrag hatte die stille Gesellschafterin Mitwirkungsrechte bei über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Geschäften und war am Gewinn und Verlust sowie den stillen Reserven der GmbH beteiligt. Die Einlageverpflichtung wurde mit dem Darlehensanspruch verrechnet, was buchmäßig durch Umbuchung vom Darlehen auf das Konto "Atypisch stille Beteiligung" dargestellt wurde. Im ersten Jahr der Beteiligung entfiel auf die stille Gesellschafterin ein Verlustanteil.
Das FA erkannte die stille Gesellschaft nicht an, weil die Schenkung mangels notarieller Beurkundung zivilrechtlich nicht wirksam geworden sei, und lehnte eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte ab.
Der dagegen erhobenen Klage gab das FG statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 29.9.2011, 10 K 269/08, Haufe-Index 2802503, EFG 2012, 46).
Entscheidung
Der BFH teilte die Auffassung des FG. Die Schenkung sei wirksam, weil der Formmangel durch Vollzug der Schenkung geheilt worden sei. Der Vollzug sei in der Einräumung einer stillen Beteiligung zu sehen, die nicht nur Ansprüche auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös, sondern auch Mitgliedschaftsrechte umfasst habe.
Hinweis
1. Verträge zwischen nahen Angehörigen unterliegen seit jeher steuerlich einer besonderen Überprüfung insbesondere im Hinblick darauf, ob mit ihnen das Abzugsverbot für Unterhalt und Zuwendungen nach § 12 Nr. 1 und Nr. 2 EStG umgangen werden soll. Deshalb ist von Bedeutung, ob ein solcher Vertrag inhaltlich dem entspricht, was Fremde miteinander vereinbart hätten, ob die formalen Anforderungen des Zivilrechts beachtet worden sind und ob der Vertrag dann auch vereinbarungsgemäß durchgeführt wird. Die Beachtung zivilrechtlicher Formerfordernisse ist dabei nur ein Indiz für die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung. Denn entscheidend kommt es für die Besteuerung auf das wirtschaftliche Ergebnis an, das die Beteiligten eintreten lassen (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AO).
2. Zu den bei Verträgen häufig nicht beachteten Formvorschriften gehört § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB, der für Schenkungen eine notarielle Beurkundung des Kausalgeschäfts vorschreibt. Ähnlich wie das Steuerrecht zeigt sich hier aber auch das Zivilrecht pragmatisch, weil § 518 Abs. 2 BGB eine Heilung des Formmangels vorsieht, wenn die versprochene Leistung bewirkt worden ist, der Beschenkte also das ihm Versprochene tatsächlich erhalten hat. Dafür wird entscheidend darauf abgestellt, ob dem Beschenkten eine dingliche Berechtigung an dem Gegenstand der Schenkung verschafft worden ist.
3. Im Urteilsfall ging es um die schenkweise Einräumung einer stillen Beteiligung an einem Handelsgewerbe.
a) Ein stiller Gesellschafter ist handelsrechtlich nicht dinglich am Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes beteiligt. Er hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Gewinnbeteiligung und auf Rückzahlung seiner Einlage bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses, sofern die Einlage nicht durch von ihm zu tragende Verlustanteile verbraucht ist. Ähnlich verhält es sich bei demjenigen, der an einem Gesellschaftsanteil unterbeteiligt ist. Auch dem Unterbeteiligten steht kein dingliches Recht am Gesellschaftsvermögen zu, sondern er hat lediglich schuldrechtliche Ansprüche gegen den Hauptbeteiligten.
b) Wegen des Fehlens einer dinglichen Berechtigung war zivilrechtlich bezweifelt worden, ob die formunwirksame Schenkung einer stillen Beteiligung oder einer Unterbeteiligung überhaupt durch Bewirken der Leistung nach § 518 Abs. 2 BGB geheilt werden könnte. Der BGH hatte sich in der Vergangenheit sehr streng in der Beurteilung der Voraussetzungen für eine Heilung gezeigt. Erstmals mit dem hier vom BFH im Leitsatz aufgegriffenen BGH-Urteil vom 29.11.2011, II ZR 306/09 ist eine großzügigere Handhabung erkennbar geworden. In jenem Urteil hat der BGH nämlich die Ergänzung der schuldrechtlichen Vermögensrechte eines Unterbeteiligten um mitgliedschaftliche Rechte wie Stimm-, Verwaltungs- und Kontrollrechte für den Vollzug einer Schenkung ausreichen lassen. Sieht der Gesellschaftsvertrag solche Rechte vor, wird der Formmangel mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags geheilt.
c) In den Kategorien des Steuerrechts heißt das, dass bei mitunternehmerischen Beteiligungen, die ja immer auch Mitwirkungsrechte voraussetzen, grundsätzlic...