Leitsatz
1. Das Ausüben einer wirtschaftlichen Tätigkeit und das ausschließliche Tätigen von Repräsentationsaufwand schließen einander nicht aus.
2. Ob Repräsentationsaufwendungen ohne streng geschäftlichen Charakter vorliegen, beruht auf einer tatsächlichen Würdigung der im Einzelfall getroffenen Feststellungen.
3. Der Empfänger der Gutschrift, der der Abrechnung mittels Gutschrift zugestimmt und dieser nicht widersprochen hat, schuldet den darin für eine nichtsteuerbare Leistung ausgewiesenen Steuerbetrag.
Normenkette
§ 15 Abs. 1a, § 14c Abs. 1, § 17 Abs. 1 UStG, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG, Art. 176, Art. 203 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Der Kläger, Gesellschafter einer KG, betrieb daneben als Einzelunternehmer einen Pferderennstall mit zahlreichen gekauften und selbst gezüchteten Pferden. Es erfolgte ein professionelles Training, nach welchem die Pferde an Rennen in ganz Europa teilnahmen.
Das FA ließ nach Durchführung einer Außenprüfung den Vorsteuerabzug nicht zu. Zwar sei der Kläger unternehmerisch tätig, jedoch seien die Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, weil der Pferderennstall als private Leidenschaft und Hobby betrieben werde sowie Repräsentationszwecken diene. Entsprechend beließ das FA die Ausgangslieferungen nach § 4 Nr. 28 UStG umsatzsteuerfrei. Soweit der Kläger Gutschriften mit offenem Steuerausweis akzeptiert hatte, besteuerte es diese Umsätze.
Die Vorinstanz (FG Köln, Urteil vom 18.4.2018, 9 K 2738/15, Haufe-Index 11935995, EFG 2018, 1404) wies die Klage ab. Das Halten von Rennpferden habe überwiegend der persönlichen Repräsentation des Klägers bzw. der von ihm beherrschten KG gedient. § 15 Abs. 1a UStG sei mit Unionsrecht vereinbar.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.
Hinweis
Der Besprechungsbeschluss enthält drei Kernaussagen:
1. Allein der Umstand, dass der Unternehmer eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt (und damit steuerbare Umsätze ausführt), schließt nicht aus, dass diese wirtschaftliche Tätigkeit Repräsentationsaufwand darstellt, der vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Dies ist vor dem Hintergrund der § 15 Abs. 1a UStG, Art. 176 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL) eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
2. Die tatsächliche Würdigung, ob im Einzelfall Repräsentationsaufwand vorliegt, obliegt dem FG und ist vom BFH nur in den Grenzen des § 118 Abs. 2 FGO überprüfbar. Die Prozesse werden quasi vor dem FG und nicht beim BFH gewonnen oder verloren.
Im Streitfall hatte das FG einen Pferdestall trotz seiner Größe als Repräsentationsaufwand eingestuft und der BFH dies bestätigt. Letztendlich können Unternehmer damit dem Vorsteuerausschluss nicht dadurch "entkommen", dass sie den Repräsentationsaufwand größer machen.
3.§ 14c UStGfindet auch auf Gutschriften Anwendung, denen der leistende Unternehmer nicht widersprochen hat. Der BFH muss einen Rechtsstreit auch nicht an das FG zurückverweisen, damit der Unternehmer den Gutschriften noch im 2. Rechtsgang widersprechen kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 15.12.2021 – XI R 19/18