Leitsatz
1. Für die Berichtigung einer Rechnung i.S.d. § 14 UStG 1993 genügt die einfache Schriftform auch dann, wenn in einem notariell beurkundeten Kaufvertrag mit USt-Ausweis abgerechnet worden ist.
2. Die zivilrechtliche Befugnis zur Rechnungsberichtigung ist umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich nicht zu prüfen.
Normenkette
§ 14 Abs. 2, § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG 1993
Sachverhalt
Die Klägerin erwarb von W deren einziges Vermögen, ein vermietetes Grundstück, mit -- im Kaufvertrag ausgewiesener -- USt. W führte die ihr gezahlte USt nicht ab. Nachdem die Geschäftsanteile der W veräußert und der Firmenname geändert worden war, kam eine Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass es sich um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung handelte.
W berichtigte die Rechnung. Gegen die Berichtigung der Vorsteuer wehrte sich die Klägerin mit den Argumenten: Keine notarielle Beurkundung, unleserliche Unterschrift, keine Rückzahlung der USt an sie.
Entscheidung
Nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des FG (EFG 2005, 988) war auszuschließen, dass ein von der Verkäuferin nicht bevollmächtigter Dritter, dessen Erklärungen ihr nicht zurechenbar seien, das Berichtigungsschreiben verfasst hatte.
Auch der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer stehe der Vorsteuerberichtigung nicht entgegen.
Dem ist genügt, wenn -- im Fall der Abführung der USt -- der Leistende die Erstattung der Mehrwertsteuer vom FA verlangen kann und der Leistungsempfänger eine zivilrechtliche Klage gegen den Leistenden auf Rückzahlung der rechtsgrundlos gezahlten Beträge hat.
Das Urteil des EuGH vom 15.03.2007, Rs. C-35/05, "Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH" (HFR 2007, 515, UR 2007, 343) betrifft einen Sonderfall.
Hinweis
1. Eine Rechnungsberichtigung muss gegenüber dem Leistungsempfänger erfolgen (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG). Voraussetzung dafür ist lediglich, dass dem Leistungsempfänger eine hinreichend bestimmte, schriftliche Berichtigung der Rechnung zugeht. Ausreichend ist, dass aus einem Dokument -- notfalls auch durch eine die Bedürfnisse des Geschäftsverkehrs berücksichtigende Auslegung -- hervorgeht, dass der leistende Unternehmer über seine Leistung nunmehr nur noch ohne USt abrechnen will. Die Rückgabe der ursprünglichen Rechnung durch den Leistungsempfänger ist nicht erforderlich.
2. Die Berichtigung ändert eine Rechnung i.S.d. UStG. Allein nach umsatzsteuerrechtlichen Kriterien ist deshalb zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Dokument als Rechnung i.S.d. UStG zu beurteilen ist. Für die Berichtigung der Rechnung dürfen keine höheren Anforderungen gestellt werden. Nach Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 5 der 6. EG-RL ist jedes Dokument oder jede Mitteilung, die zu einer Veränderung der ursprünglichen Rechnung führt und spezifisch und eindeutig auf diese bezogen ist, einer Rechnung gleichgestellt. Die zivilrechtliche Befugnis zur Rechnungsberichtigung ist umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich nicht zu prüfen. Ohne Bedeutung ist deshalb, wenn die ursprüngliche Abrechnung mit USt-Ausweis notariell beurkundet worden ist.
3. Auch eine Unterschrift unter dem Abrechnungspapier ist nicht das maßgebliche Kriterium zur Bestimmung des Ausstellers einer Abrechnung (jetzt ausdrücklich: Art. 229 MwStSystRL). Gleiches gilt für eine Berichtigung der Rechnung.
4. Ebenso wie die Abrechnung kann der Abrechnende auch die Berichtigung der Rechnung anderen Personen überlassen, die in seinem Namen handeln.
5. Die Berichtigung der Vorsteuer beim Leistungsempfänger nach Rechnungsberichtigung setzt nicht voraus, dass der Rechnungsaussteller die vom Leistungsempfänger an ihn gezahlte USt bereits an den Letzteren zurückgezahlt hat. Für diese Einschränkung ergab sich kein Anhaltspunkt im UStG. Einen ganz anderen Gesichtspunkt -- die Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens bei zu Unrecht ausgewiesener USt -- betrifft die Forderung, dass die umsatzsteuerrechtlichen Folgen der zu Unrecht ausgewiesenen USt beim Leistenden (Rechnungsaussteller) erst dann gezogen werden können, wenn der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger beseitigt worden ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.10.2007, V R 27/05