Leitsatz
1. (Voraus-)Zahlungen auf die Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Überschuss-Einkünften vorgesehenen Wirtschaftsguts sind im Jahr der Zahlung nicht als verlorene Aufwendungen sofort abziehbar, wenn im Zeitpunkt der Zahlung nicht davon auszugehen ist, dass diese ohne Gegenleistung bleiben und eine Rückzahlung nicht zu erlangen sein wird (Anschluss an BFH, Beschluss vom 4.7.1990, GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830).
2. § 4 FördG, wonach Sonderabschreibungen auch auf Anzahlungen gewährt werden können, ist kein selbstständiger Begünstigungstatbestand; die Vorschrift regelt lediglich die "Bemessungsgrundlage für Sonderabschreibungen", setzt also die Erfüllung der Tatbestände der §§ 1 – 3 FördG voraus.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 EStG , § 11 Abs. 2 EStG , § 21 Abs. 1 EStG , § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG
Sachverhalt
Eheleute schlossen im Streitjahr 1994 einen Kaufvertrag über eine in 1995 zu errichtende Eigentumswohnung und überwiesen noch im Dezember 1994 den gesamten Kaufpreis. Das FA gewährte zunächst auf die Vorauszahlung (Anzahlung) eine Sonderabschreibung nach § 4 FördG in Höhe von 50 %.
1996 erklärten die Eheleute den Rücktritt vom Kaufvertrag, da sich der Baufortschritt verzögerte, und erhielten den gezahlten Betrag zurück. Sie erklärten die in Anspruch genommene Sonderabschreibung aus 1994 und 1995 als Einnahmen aus VuV des Jahres 1996. Das FA machte dagegen die Sonderabschreibung rückgängig.
Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, die geleistete Vorauszahlung sei in 1994 als sofort abziehbare Werbungskosten bei den VuV-Einkünften zu berücksichtigen, da sie zu keinem Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang geführt habe.
Entscheidung
Der BFH widerspricht dem FG. Aufwendungen seien zwar auch dann als Werbungskosten abziehbar, wenn sie nicht zum beabsichtigten Erfolg führten.
Vorauszahlungen auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten blieben indes im Zeitpunkt ihrer Leistung zunächst ohne steuerliche Auswirkung und seien nur im Rahmen der AfA oder ggf. im Rahmen von Sonderabschreibungen zu berücksichtigen. Voraussetzung sei jedoch, dass das Wirtschaftsgut letztlich tatsächlich angeschafft oder hergestellt werde. Dies gelte auch für Anzahlungen nach dem FördG.
Ähnlich wie Vorauszahlungen auf später nicht erbrachte Herstellungsleistungen könnten Vorauszahlungen auf Anschaffungskosten nur dann, wenn das Anschaffungsgeschäft nicht zustande gekommen sei und eine Rückzahlung nicht erlangt werden könne, Werbungskosten sein. Sie seien aber erst in dem Zeitpunkt abziehbar, in dem deutlich werde, dass sie ohne Gegenleistung bleiben würden und eine Rückzahlung nicht zu erlangen sei.
Die Klage war sonach abzuweisen. Mangels Anschaffung schieden AfA oder Sonderabschreibungen aus. Auch verlorener Aufwand des Jahres 1994 lag nicht vor. Denn im Dezember 1994 konnten die Eheleute nicht davon ausgehen, dass sie keine Gegenleistung erhalten würden. Außerdem wurde Ihnen der volle Kaufpreis zurückerstattet.
Hinweis
Vorauszahlungen für ein Bauvorhaben, für die wegen Konkurses des Bauunternehmers Herstellungsleistungen nicht erbracht worden sind, können vom Bauherrn bei den Einkünften aus VuV als Werbungskosten abgezogen werden (BFH, Beschluss vom 1.7.1990, GrS 1/89, BStBl II 1990, 830). Der Abzug ist in dem Zeitpunkt zulässig, in dem deutlich wird, dass die Vorauszahlungen ohne Gegenleistung bleiben und eine Rückzahlung nicht zu erlangen ist (BFH, Urteil vom 30.8.1994, IX R 23/92, BStBl II 1995, 306).
Die Entscheidung bestätigt diese Grundsätze auch für den Fall, dass Vorauszahlungen (Anzahlungen) auf eine spätere Anschaffung geleistet werden, für die Sonderabschreibungen nach dem FördG in Anspruch genommen werden können. Denn § 4 FördG regelt lediglich die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen, ist aber kein selbstständiger Begünstigungstatbestand.
Auch für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen auf Vorauszahlungen (Anzahlungen) ist deshalb – ebenso wie für die Anerkennung von AfA – der spätere Vollzug des Anschaffungsgeschäfts bzw. die Herstellung des Objekts erforderlich.
Ein sofortiger Abzug kommt unter dem Gesichtspunkt verlorenen Aufwands auch hier nur in Betracht, wenn – auch aus der Sicht des Steuerpflichtigen – die Gegenleistung ausbleiben und die geleistete Vorauszahlung nicht zurückerlangt werden wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.6.2002, IX R 51/01