Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
Aufwendungen zur Finanzierung von Ausbauten und Erweiterungen sind als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG nur abziehbar, wenn der Steuerpflichtige eine eigene Wohnung ausbaut oder erweitert. Die vor der erstmaligen Eigennutzung des Ausbaus/der Erweiterung entstandenen Finanzierungskosten sind auch dann als Vorkosten zu berücksichtigen, wenn dem Steuerpflichtigen das Eigentum an der Wohnung erst nach Fertigstellung und Bezug des Ausbaus/der Erweiterung, aber noch im Jahr der Fertigstellung übertragen wird.
Normenkette
§ 10e Abs. 1, 2 und 6 EStG , § 812; 951 Abs. 1 BGB
Sachverhalt
Die miteinander verheirateten und zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger bauten das dem Vater des Klägers gehörende Einfamilienhaus auf ihre Kosten um. Nach Fertigstellung des Umbaus und Bezug des Hauses durch die Kläger im Jahr 1991 übertrug ihnen der Vater das Grundstück je zur Hälfte. In ihrer Einkommensteuererklärung für dieses Jahr begehrten sie den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 EStG sowie den Abzug von Schuldzinsen sowie eines Versicherungsbeitrags für die Baugenossenschaft als Vorkosten gem. § 10e Abs. 6 EStG.
Das FA sah die Herstellungskosten als Kosten der Anschaffung an (Übertragung des Eigentums gegen Verzicht auf einen Aufwendungsersatzanspruch) und berücksichtigte sie gem. § 10e Abs. 1 EStG; den Vorkostenabzug lehnte es aber wegen fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs mit der Anschaffung der Wohnung ab. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt.
Entscheidung
Der BFH hat das zugunsten der Kläger ergangene – die Förderung nach § 10e Abs. 1 EStG und den Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 EStG zulassende – FG-Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Für die Förderung nach § 10e Abs. 1 EStG fehle es an einem entgeltlichen Erwerb.
Eine Förderung könne deshalb allenfalls nach § 10e Abs. 2 EStG in Betracht kommen, wenn die Voraussetzungen für die Annahme eines Ausbaus oder Erweiterung i.S.d. Vorschrift bei der erneuten Verhandlung vor dem FG festgestellt werden könnten. Davon hänge auch ab, ob die darauf bezogenen Finanzierungsaufwendungen als Vorkosten gem. § 10e Abs. 6 EStG kraft des insoweit bestehenden unmittelbaren Zusammenhangs abzuziehen seien.
Hinweis
Die Anschaffung eines Gebäudes als Förderungstatbestand i.S.d. § 10e EStG setzt entgeltlichen Erwerb voraus. Wird das Grundstück unentgeltlich auf einen Erwerber übertragen, der das auf dem Grundstück befindliche Gebäude zuvor auf seine Kosten hergestellt oder umgebaut hat, kann ein entgeltlicher Erwerb und damit die Förderungsmöglichkeit nach § 10e Abs. 1 EStG nur angenommen werden, wenn man als Entgelt des Erwerbers seinen Verzicht auf einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den bisherigen Eigentümer ansieht (so BMF-Schreiben vom 31. 12.1994, BStBl I 1994, 887, Rz. 17).
Zweifelhaft ist indessen, ob bei erwartungsgemäß erfolgendem Eigentumsübergang ein solcher Aufwendungsersatzanspruch entsteht. Der insoweit allein in Betracht kommende Anspruch nach den §§ 951 Abs. 1, 812 BGB entsteht nämlich nur, wenn feststeht, dass der bezweckte Erfolg nicht eintritt oder die eingetretene Bereicherung mangels Eigentumsübertragung ungerechtfertigt ist (BFH, Urteil vom 30.9.1997, BFH/NV 1998, 167 mwN).
Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG können ebenfalls nur geltend gemacht werden, wenn der Erwerb entgeltlich erfolgte. Da die Regelung auch für Ausbauten und Erweiterungen an einer zu Wohnzwecken genutzten Wohnung gilt, kommen ferner solche Aufwendungen als Vorkosten in Betracht, die bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung des Ausbaus oder der Erweiterung zu eigenen Wohnzwecken entstanden sind und unmittelbar mit dem Ausbau oder der Erweiterung an einer eigenen Wohnung zusammenhängen (BFH, Urteil vom 14.2.2001, X R 127/96). Dieser unmittelbare Zusammenhang besteht hinsichtlich der vor Bezug entstandenen Finanzierungskosten auch dann, wenn das Eigentum an der betroffenen Wohnung erst nach Fertigstellung und Bezug des Objekts, aber noch im Jahr der Fertigstellung auf den Steuerpflichtigen übergeht. Der abweichenden Auffassung des BMF in BStBl I 1994, 887, Rz. 91 Satz 10 kann danach nicht gefolgt werden (so auch der BFH in der hier besprochenen Entscheidung).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.5.2001, X R 14/97