LfSt Bayern v. 2.3.2006, S 0338 - 4 St 41 M
I. Allgemeines
Das Verfahren zur Anbringung von Vorläufigkeitsvermerken ist im BMF-Schreiben vom 27.6.2005 (AIS: AO/Vorläufigkeit, BStBl 2005 I S. 794) geregelt. In der täglichen Praxis werden häufig von den Steuerpflichtigen Fragen zu den derzeit bestehenden bzw. bereits erledigten Vorläufigkeitsvermerken gestellt. Aus diesem Grund erfolgt nachstehend eine Aufzählung der derzeit bestehenden bzw. bereits erledigten Vorläufigkeitsvermerke.
II. Vorläufigkeitsvermerke gemäß dem BMF-Schreiben vom 16.2.2006 (AIS: AO/Vorläufigkeit)
Festsetzungen der Einkommensteuer sind hinsichtlich folgender Punkte vorläufig vorzunehmen:
- Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG) – für Veranlagungszeiträume vor 2005 –
- Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG) – für Veranlagungszeiträume ab 2005 –
- Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG
- Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für Veranlagungszeiträume ab 2000 (auch Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums 1999 sind vorläufig vorzunehmen)
- Besteuerung der Einkünfte aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG für Veranlagungszeiträume ab 2000 (auch Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums 1999 sind vorläufig vorzunehmen)
- Anwendung des § 24b EStG (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) für Veranlagungszeiträume ab 2004
- Anwendung des § 32 Abs. 7 EStG (Haushaltsfreibetrag) für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003
- Anwendung des § 32c EStG für die Veranlagungszeiträume 1994 bis 2000
- Höhe des Behinderten-Pauschbetrags (§ 33b Abs. 3 EStG)
- Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29.12.2003 (BGBl 2003 I S. 3076, 2004 I S. 69) geänderten Vorschriften
- Nichtberücksichtigung pauschaler Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung nach § 12 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 1 umfasst auch die beschränkte Abziehbarkeit von Beiträgen zu Krankenversicherungen.
Er umfasst nicht die Frage, ob bei zusammen veranlagten Ehegatten die Kürzung des Vorwegabzugs selbst dann vom zusammengerechneten vollen Arbeitslohn beider Ehegatten vorzunehmen ist, wenn nur für einen Ehegatten steuerfreie Zukunftssicherungsleistungen erbracht worden sind oder nur ein Ehegatte zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 oder 2 EStG gehört (vgl. R 106 Satz 3 EStR 2001 und entgegenstehendes BFH-Urteil vom 3.12.2003, BStBl 2004 II S. 709), denn hierbei handelt es sich nicht um eine Frage der Vereinbarkeit der Vorschrift mit dem Grundgesetz, sondern lediglich um die „einfachgesetzliche” Auslegung des § 10 Abs. 3 EStG.
Gleiches gilt für die Problematik
Änderungen bestandskräftiger Steuerfestsetzungen können in diesen Fällen nicht auf § 165 Abs. 2 AO gestützt werden (vgl. BMF-Schreiben vom 13.8.2004, BStBl 2004 I S. 848 und BFH-Urteil vom 26.2.2004, BFH/NV 2004 S. 1064). Zur weiteren verfahrensrechtlichen Behandlung bei unzutreffenden Auskünften des Finanzamts über den Umfang des Vorläufigkeitsvermerks vgl. Tz V.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 2 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume vor 2005 beizufügen. Er umfasst nicht die einfachgesetzlichen Fragen des Revisionsverfahrens X R 11/05 (möglicherweise Änderung der Rechtsprechung durch den BFH zur steuerlichen Berücksichtigung von Rentenversicherungsbeiträgen), sondern nur die Frage, ob bei Beibehaltung der bisherigen BFH-Rechtsprechung die betroffenen Vorschriften des EStG verfassungsgemäß sind.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß den Nummern 3 und 4 ist Einkommensteuerbescheiden nur beizufügen, wenn die Summe der im Veranlagungszeitraum erzielten Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bzw. aus Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG positiv ist. Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 9 in Verbindung mit § 10d Abs. 4 EStG ist er nicht beizufügen. Wird mit einem Einspruch die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bzw. aus Termingeschä...