Leitsatz
Dem Großen Senat des BFH wird die folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Darf eine Ansparabschreibung nach § 7g des Einkommensteuergesetzes in der bis zum Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 geltenden Fassung auch dann vorgenommen werden, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim FA bereits feststeht, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird?
Normenkette
§ 7g EStG
Sachverhalt
Der Kläger ermittelte den Gewinn seines Bauunternehmens durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Mit Vertrag vom 30.3.2004 gliederte er sein Unternehmen gem. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf eine neu gegründete GmbH aus, deren Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer er wurde. Der Ausgliederung wurde die Eröffnungsbilanz der GmbH zum 1.1.2004 zugrunde gelegt, in der die Buchwerte des Einzelunternehmens fortgeführt wurden. Die GmbH wurde am 21.6.2004 in das Handelsregister eingetragen. Am 10.6.2004 reichte der Kläger seine Einnahmen-Überschuss-Rechnung für 2003 ein, in der eine Betriebsausgabe in Höhe von 200.000 EUR für eine Ansparabschreibung i.S.d. § 7g Abs. 3, 6 EStG 2002 enthalten war. Die ESt-Erklärung ging am 6.8.2004 beim FA ein. Sowohl FA als auch FG erkannten die Ansparabschreibung mit Hinweis auf den fehlenden Finanzierungszusammenhang nicht an (FG Münster, Urteil vom 25.2.2009, 7 K 5021/07 E, G, Haufe-Index 2153866, EFG 2009, 1005).
Entscheidung
Der X. Senat möchte das finanzgerichtliche Urteil aufheben und der Klage stattgeben und beschloss infolgedessen die Vorlage an den Großen Senat.
Hinweis
1. Der X. Senat möchte diese Rechtsfrage bejahen. Er ist der Auffassung, dass der Finanzierungszusammenhang zwischen der Geltendmachung der Ansparabschreibung und der Investition, der für die Inanspruchnahme der in § 7g Abs. 3 EStG 2002 vorgesehenen Ansparabschreibung erforderlich ist, nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass im Zeitpunkt der Geltendmachung bereits die Einbringung des Betriebs zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft in Gang gesetzt worden ist.
2. Nach Auffassung des X. Senats ist der "Finanzierungszusammenhang" als objektives Tatbestandsmerkmal des § 7g Abs. 3 EStG 2002 anzusehen, das von dem umfassenden Eintritt der aufnehmenden Kapitalgesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden mit erfasst wird. Da der Betrieb "unverändert fortgeführt" werde und der Vorschrift des § 7g EStG 2002 eine betriebsbezogene Betrachtung zugrunde liege, kann nach Auffassung des X. Senats dem eingetretenen Rechtsträgerwechsel keine entscheidende Bedeutung bei der Beurteilung der Frage zukommen, ob die Voraussetzungen des § 7g EStG 2002 erfüllt sind. Anderenfalls würde eine personenbezogene Betrachtung vorgenommen werden, die das Gesetz zwar bei Rücklagen i.S.d. § 6b EStG anordne, die aber nicht dem Modell des § 7g EStG 2002 entspreche, und die zudem bei Buchwerteinbringungen durch § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 überspielt werde.
3. Anders hat es aber der I. Senat in seinem Urteil vom 19.5.2010 (I R 70/09, BFH/NV 2010, 2072) gesehen. Er fordert für eine Fortführung der Ansparrücklage auf der Grundlage von § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995, dass die Rücklagenbildung im früheren Einzelunternehmen bereits zu Recht erfolgt sei. Daran fehle es, wenn im Augenblick der Rücklagenbildung im Einzelunternehmen mit Einreichen der Steuererklärung beim FA das Investitionsvorhaben in diesem Einzelunternehmen nicht mehr realisiert werden könne, weil die Umwandlung zu diesem Zeitpunkt bereits in Gang gesetzt worden sei.
4. Da der I. Senat auf Anfrage des X. Senats erklärt hat, er halte an seiner Rechtsauffassung fest, musste der X. Senat die Frage dem Großen Senat vorlegen. Es handelt sich damit um eine eher seltene Vorlage an den Großen Senat wegen einer beabsichtigten Abweichung von der aktuellen Rechtsprechung eines anderen Senats. Eine Vermeidung der Vorlagepflicht durch "feinsinnige Differenzierungen" (vgl. Görke, BFH/PR 2012, 341) war dem X. Senat im Streitfall nicht möglich, weil der I. Senat unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das dem Vorlageverfahren zugrunde liegende finanzgerichtliche Verfahren entschieden hatte.
5. Die Vorlagefrage betrifft nicht nur die Ansparabschreibung des § 7g EStG 2002 als abgelaufenes Recht, sondern ist auch für den Investitionsabzugsbetrag § 7g EStG n.F. relevant.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.8.2012 – X R 21/09