Kommentar
1. Zum Vorsteuerabzug ist nach § 15 Abs. 1 UStG „der Unternehmer” berechtigt, wenn die Leistung „für sein Unternehmen” ausgeführt worden ist und er Empfänger der Rechnung mit dem ausgewiesenen Steuerbetrag ist.
2. Erwerben mehrere Personen – zusammengeschlossen in einer Personengesellschaft (BGB-Gesellschaft, OHG, KG) – ein Wirtschaftsgut, ist die Personengesellschaft Leistungsempfänger. Sie – und nicht die Gesellschafter – ist für die Umsatzsteuer das handelnde Rechtssubjekt, das in eigenem Namen Umsätze ausführt und empfängt.
3. Handeln mehrere Personen aber in Gemeinschaft , können – anders als bei der Gesellschaft – die Gemeinschafter (auch für die Umsatzsteuer) Leistende und Leistungsempfänger (in Gemeinschaft) sein. Zivilrechtlich ist die Gemeinschaft gem. §§ 741 ff. , 420 , 432 BGB nicht rechtsfähig. Umsatzsteuerrechtlich kann die Gemeinschaft allerdings steuerrechtsfähige Unternehmerin i. S. v. § 2 UStG sein, wenn sie eigenständig unternehmerisch – durch Ausführung von Umsätzen – tätig ist.
a) Unter Umständen sind sowohl die Gemeinschafter als auch die Gemeinschaft Unternehmer – z. B. wenn zwei Anwälte jeweils selbständig eine Bürogemeinschaft bilden und die Bürogemeinschaft als solche die Büroräume mietet und an die Anwälte untervermietet. Damit ist jeweils zu prüfen, ob die Gemeinschafter oder die Gemeinschaft als Unternehmer Leistungsempfänger mit dem Recht zum Vorsteuerabzug sind.
b) Sind nur die Gemeinschafter unternehmerisch tätig, sind sie – entsprechend dem Zivilrecht – Leistungsempfänger, wenn sie in Gemeinschaft ein Wirtschaftsgut erwerben. Damit sind die Gemeinschafter (vorbehaltlich der Rechnungsvoraussetzung, vgl. c) vorsteuerabzugsberechtigt (insoweit ändert der BFH mit dem Besprechungsurteil seine Rechtsprechung gegenüber dem Urteil v. 19. 12. 1991, V R 35/87, BFH/NV 1992 S. 569). Dabei steht dem Gemeinschafter der Vorsteuerabzug aber nur entsprechend seinem Anteil zu.
c) Die Rechnungsvoraussetzung des § 15 Abs. 1 UStG – Rechnung mit Benennung jedes Gemeinschafters und Ausweis des ihm zustehenden Steuerbetrags – dürfte in solchen Fällen selten voll erfüllt sein. Ist aus der Rechnung ersichtlich, wer (und möglichst: mit welchem Anteil) Gemeinschafter ist, kann die fehlende Aufteilung des Rechnungs- und Steuerbetrags nach Gemeinschaftsanteilen durch das ≪33≫Feststellungsverfahren nach § 1 der Verordnung zu § 180 AO ersetzt werden. Mit dieser verfahrensrechtlichen Regelung kann die fehlende Teilung und Zuweisung des Steuerbetrags den – erfüllten – materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG angepaßt werden ( Rechnungen/Gutschriften ).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 01.10.1998, V R 31/98
Hinweise:
Das BFH-Urteil ist für den Vorsteuerabzug bei Erwerb von Wirtschaftsgütern durch Gemeinschaften aller Art (insbesondere Bürogemeinschaften, Wohnungs- oder Hausgemeinschaften, vgl. BFH, Urteil v. 27. 1. 1994, V R 31/91, BStBl 1994 II S. 488; und v. 25. 3. 1993, V R 42/89, BStBl 1993 II S. 729) gültig. Sind nur die Gemeinschafter unternehmerisch tätig (z. B. jeder Anwalt einer Bürogemeinschaft, jeder Hausgemeinschafter tritt selbst als Vermieter auf) und nicht die Gemeinschaft, kann jeder Gemeinschafter den ihm zustehenden Vorsteueranteil abziehen. Die Rechnungsvoraussetzungen können über die Feststellung nach der Verordnung zu § 180 AO erfüllt werden.