Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Ein bereits vor der Erzielung von Ausgangsumsätzen als Ausstellungsstück für ein Autohaus erworbener "Supersportwagen" kann für das künftige Unternehmen bezogen sein. Gleichwohl kann sich diese Eingangsleistung als gänzlich unangemessen erweisen, wenn die Erzielung von Umsätzen mit dem geplanten Autohaus noch in weiter Ferne liegt.
Sachverhalt
Der Kläger betreibt einen Mobilfunkshop, mit dem er in den Jahren 2017 bis 2019 steuerpflichtige Umsätze in Höhe von durchschnittlich rund 490.000 EUR bei einem steuerlichen Gewinn von durchschnittlich rund 115.000 EUR erzielte. Im Jahr 2019 erwarb er für sein Unternehmen einen VW Amarok und im Jahr 2020 einen VW Multivan. Für beide Fahrzeuge machte er im Voranmeldungszeitraum des Erwerbs den Vorsteuerabzug geltend. Daneben beabsichtigte er die Eröffnung eines Sportwagenzentrums mit Werkstatt und Waschanlage, dessen Bau er nach und nach aus den Erlösen seines Mobilfunkshops und mittels eines noch ausstehenden Darlehens finanzieren wollte. Im Jahr 2017 erwarb er dafür ein Grundstück in einem Gewerbegebiet und meldete im Jahr 2019 ein Gewerbe mit der Tätigkeit "An- und Verkauf von Fahrzeugen aller Art" an. Im Jahr 2021 beantragte er eine entsprechende Baugenehmigung, die im September 2021 erteilt wurde. Mit Kaufvertrag vom 20.5.2021 erwarb er einen neuen Porsche 911 GT3 mit Touring-Paket zum Preis von 184.606 EUR zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 35.075 EUR, der im Januar 2022 zugelassen und übergeben wurde. Den Kaufpreis finanzierte er mit einem Darlehen. Als Rechnungs- bzw. Leistungsempfänger war der Mobilfunkshop angegeben. Im Januar 2022 erzielte der Kläger Umsätze in Höhe von rund 36.000 EUR.
Im Rahmen einer Umsatzsteuernachschau und späteren Umsatzsteuersonderprüfung für diesen Voranmeldungszeitraum gab der Kläger gegenüber dem Prüfer an, das Fahrzeug sei zu repräsentativen Zwecken angeschafft worden und befinde sich in einer Garage, ohne bewegt zu werden. Ergänzend wurde ausgeführt, dass der Porsche eine Investition in die Zukunft des geplanten Autohauses (Ausstellungsstück) sei und die zu erwartende Wertsteigerung die Finanzierungskosten übersteigen werde. Der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Sportwagens wurde vom Finanzamt versagt.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück. Zwar hat der Kläger den Porsche nach Überzeugung des Gerichts für sein Unternehmen bezogen. Dem Vorsteuerabzug stehe auch nicht das Abzugsverbot des § 15 Abs. 1a UStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG entgegen, weil dies im Streitfall nach der Rückausnahme des § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG ausscheide.
Gleichwohl hat es den Vorsteuerabzug abgelehnt und dabei auf die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG (wiederum in Verbindung mit § 15 Abs. 1a UStG) verwiesen. Ein hochwertiger Porsche sei zwar grundsätzlich als Ausstellungsobjekt für ein Autohaus denkbar und könne auch dessen Geschäftserfolg positiv beeinflussen, sodass auch der Kauf des Fahrzeuges prinzipiell angemessen sein kann. Im vorliegenden Fall sei aber zu berücksichtigen, dass das Autohaus noch gar nicht fertiggestellt und auch nicht absehbar ist, ob und wann dort jemals Fahrzeuge gehandelt werden. Die Fertigstellung des Autohauses hänge unter anderem von der Gewährung eines Darlehens ab, das zum Entscheidungszeitpunkt noch ungewiss war. Ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer würde zu diesem Zeitpunkt kein hochpreisiges Fahrzeug zu Ausstellungszwecken erwerben, sondern es frühestens dann tun, wenn die Erzielung von Umsätzen in greifbare Nähe gerückt ist. Bis dahin könne der erworbene Porsche gar nicht als Ausstellungsstück dienen und damit zum Unternehmenserfolg beitragen. Der Kauf eines Ausstellungsstücks erweise sich zu diesem Zeitpunkt unabhängig vom Kaufpreis unter Berücksichtigung der bisher nicht vorliegenden Umsätze und vor allem der Ungewissheit der Fertigstellung des Autohauses überhaupt als gänzlich unangemessen.
Hinweis
Das Finanzgericht hat zunächst grundsätzlich bestätigt, dass das Fahrzeug auch in einem solchen Fall für das Unternehmen angeschafft werden kann und somit auch ein Vorsteuerabzug denkbar ist. Allerdings sind nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG (andere) Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, nicht abziehbare Betriebsausgaben, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind. Auf diese Unangemessenheit hat sich das Finanzgericht "berufen" und den Vorsteuerabzug verwehrt.
Daraus lässt sich für die Praxis schließen, dass selbst der Vorsteuerabzug für einen "Supersportwagen" in den Bereich des Möglichen rückt, wenn die Bedeutung der Anschaffung für den Unternehmenszweck nachvollziehbar erscheint, eine saubere Argumentation vorgelegt wird und die angeführten Gründe durch eine entsprechende Dokumentation untermauert werden können. Andererseits muss dem Unternehmer stets bewusst sein, dass der Vorsteuerabzug auch versagt werden kann, da in diesem Bereich regelmäßig (Einzelfall-)En...