Sachverhalt
Bei dem portugiesischen Verfahren ging es um den Vorsteuerabzug nach der Pro-Rata-Regelung in Art. 19 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 174 MwStSystRL). Das Vorlagegericht wollte wissen, ob die nach portugiesischem Recht vorgesehene Beschränkung des Vorsteuerabzugs bei Unternehmern, die Beihilfen zur Finanzierung ihrer Tätigkeiten erhalten, gemäß Art. 23 des CIVA mit den Art. 17 Abs. 2 und 5 (jetzt Art. 168 und 173 MwStSystRL) und 19 der 6. EG-Richtlinie vereinbar ist.
Die Klägerin veranstaltet Glücksspiele und ist nach dem Konzessionsvertrag verpflichtet, jährlich die Gegenleistungen für ihre Tätigkeit an den portugiesischen Staat (auf der Grundlage der Bruttospieleinnahmen) zu zahlen. Von dieser jährlichen Gegenleistung für den Betrieb kann sie einen Teil der Lasten abziehen, die sie in den Bereichen Animation und Restauration unmittelbar trägt. Die Klägerin ist nach portugiesischem Recht für Mehrwertsteuerzwecke als gemischt steuerpflichtig eingestuft, mit steuerpflichtigen (Art. 3 und 4 des CIVA), befreiten (Art. 9 des CIVA) und außerhalb des Bereichs der Steuern liegenden Tätigkeiten sowie einem teilweisen Vorsteuerabzug.
Der Abzug von der jährlich zu zahlenden Gegenleistung der Klägerin wird von der portugiesischen Finanzbehörde als "Betriebsbeihilfe" aufgefasst, die zu einer Verkürzung des Vorsteuerabzugs führt, da die Beihilfe - so die portugiesische Verwaltung - auch im Zusammenhang mit den steuerfreien Tätigkeiten der Klägerin stünde.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass Art. 23 des CIVA in dem Sinne auszulegen sei, dass nicht besteuerte Beihilfen keine Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug von Steuerpflichtigen haben können, die durch tatsächliche Zuordnung nur steuerpflichtige und nicht befreite Tätigkeiten ausüben, die den Vorsteuerabzug eröffnen.
Im Prinzip ging es in dem Verfahren um die Nichtabzugsfähigkeit von Vorsteuern, soweit diese durch Zuschüsse finanziert worden sind. Eine solche Regelung ist nach dem EuGH-Urteil v. 6.10.2005, C-243/03 (Kommission/Französische Republik) rechtswidrig (vgl. auch EuGH v. 6.10.2005, C-204/03 (Kommission/Königreich Spanien). Vorsteuerbeschränkungen dieser Art kann es nur über den Mechanismus von Art. 17 Abs. 5 iVm Art. 19 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie geben.
Entscheidung
Der EuGH hat seine frühere Rechtsprechung bestätigt. Danach ist es den Mitgliedstaaten bei Anwendung der Pro-Rata-regelung nicht gestattet, den abzugsfähigen Teil der Vorsteuern dadurch zu beschränken, dass in dem Pro-Rata-Bruch in den Nenner neben den Gesamtumsätzen auch nicht steuerbare Zuschüsse/Subventionen einbezogen werden.
Hinweis
Das deutsche Umsatzsteuerrecht ist von dem Urteil nicht unmittelbar berührt. Nach deutschem Recht ist in den Fällen eines Entgelts von dritter Seite nicht der Dritte, sondern nur der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt. Gibt der Unternehmer in der Rechnung den vollen Steuerbetrag, nicht aber das Entgelt von dritter Seite an, ist die Rechnung für Zwecke des Vorsteuerabzugs durch den Leistungsempfänger ausreichend, wenn der angegebene Steuerbetrag die für den Umsatz geschuldete Steuer nicht übersteigt.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 16.02.2012, C-25/11