Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Zusammenfassung
Führt ein Unternehmer sowohl Leistungen aus, die den Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen zulassen, als auch Leistungen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, muss bei jeder Eingangsleistung geprüft werden, ob für sie ein Vorsteuerabzug möglich ist oder nicht. Soweit die Eingangsleistung nicht einer bestimmten Ausgangsleistung zugeordnet werden kann, muss eine Vorsteueraufteilung vorgenommen werden. Für die Vorsteueraufteilung stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, die unterschiedliche Berechnungsschritte erfordern.
1 Problematik
Der Vorsteuerabzug für den Unternehmer ist ein zentrales Element in der Umsatzsteuer. Nur durch den Vorsteuerabzug kann erreicht werden, dass der Unternehmer im Regelfall nicht mit der Umsatzsteuer belastet ist, sondern nur der Endverbraucher wirtschaftlich die Umsatzsteuer zu tragen hat. Führt der Unternehmer nur Ausgangsleistungen aus, die den Vorsteuerabzug zulassen oder den Vorsteuerabzug ausschließen, ergeben sich keine Probleme für den Vorsteuerabzug. Stehen die Eingangsleistungen aber mit sowohl den Vorsteuerabzug ausschließenden als auch den Vorsteuerabzug zulassenden Ausgangsleistungen im Zusammenhang, muss eine Vorsteueraufteilung vorgenommen werden. Die (nationalen) gesetzlichen Vorgaben sind dabei recht übersichtlich und leider derzeit nicht ganz den Vorgaben des Unionsrechts entsprechend in § 15 Abs. 4 UStG aufgenommen. Dabei ergeben sich national für die Vorsteueraufteilung die folgenden Grundsätze:
- Die Vorsteueraufteilung hat nach einem wirtschaftlich vertretbaren Aufteilungsmaßstab zu erfolgen.
- Die Vorsteueraufteilung kann auch im Rahmen einer sachgerechten Schätzung vorgenommen werden.
- Eine Aufteilung im Verhältnis der Ausgangsumsätze (sog. "Umsatzschlüssel") soll nur dann vorgenommen werden, wenn kein anderer Aufteilungsmaßstab ermittelbar ist.
Nationale Vorgaben müssen unionsrechtlich ausgelegt werden
Unionsrechtlich hat die Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel zu erfolgen. National war der Ausschluss des Umsatzschlüssels als Aufteilungsmaßstab in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG aufgenommen worden, um die regelmäßig für den Unternehmer günstigere Aufteilung nach einem Umsatzschlüssel bei Immobilien zu verhindern. Der EuGH hatte dem entgegen aber entschieden, dass ein vom Umsatzschlüssel abweichender Aufteilungsmaßstab nur dann vorgeschrieben werden kann, wenn er zu einem präzisieren Aufteilungsmaßstab führt. Der BFH und nachfolgend 2022 auch die Finanzverwaltung sind dem gefolgt. Die nationalen Vorschriften sind insoweit unionsrechtlich auszulegen. Durch das Jahressteuergesetz 2024 soll entsprechend den Vorgaben der Rechtsprechung mit aufgenommen werden, dass eine Vorsteueraufteilung nach einem (Gesamt-)Umsatzschlüssel nur dann vorgenommen werden kann, wenn keine andere, präzisere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist.
In der Praxis ergeben sich regelmäßig 2 verschiedene Anwendungsbereiche bei der Vorsteueraufteilung. Zum einen ist dies die Vorsteueraufteilung im Zusammenhang mit Immobilien, zum anderen sind dies andere Unternehmer, die im Rahmen ihres Unternehmens unterschiedlich zu behandelnde Ausgangsumsätze bewirken.
Zunahme von Praxisfällen außerhalb der Immobilienwirtschaft
Die Praxisfälle, bei denen eine Vorsteueraufteilung außerhalb der Immobilienwirtschaft vorzunehmen ist, haben in den letzten Jahren durch eine immer kleinteiliger werdende Anwendung von Steuerbefreiungsnormen zugenommen. Während früher z. B. Ärzte typischerweise nur steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Umsätze ausführten und Rechtsanwälte regelmäßig nur den Vorsteuerabzug zulassende Leistungen erbrachten, sind beide mittlerweile Unternehmer, bei denen es aufgrund gemischter Umsätze zu einer Vorsteueraufteilung kommen kann. Gleiches gilt für Handelsunternehmen, die Versicherungen vermitteln oder Garantieverlängerungen verkaufen.
Bei Immobilien ist es relativ klar: Der Unternehmer kann einen vom Flächenschlüssel abweichenden Aufteilungsmaßstab (z. B. objektbezogener Umsatzschlüssel) anwenden, wenn dieser andere Aufteilungsmaßstab präziser ist. Die Vorgaben sind dabei aufgrund der Rechtsprechung auch – zumindest abstrakt – geklärt: Die Vorsteuerbeträge sind dann nicht nach dem Verhältnis der Flächen aufzuteilen, wenn die Nutzflächen nicht miteinander vergleichbar sind, etwa wenn die Ausstattung der den unterschiedlichen Zwecken dienenden Räume (z. B. Höhe der Räume, Dicke der Wände und Decken, Innenausstattung) erhebliche Unterschiede aufweist. In solchen Fällen kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Eingangsbezüge gleichmäßig auf die Fläche verteilen, sodass der Flächenschlüssel sich nicht als genauerer Aufteilungsmaßstab erweist.
In anderen Fällen außerhalb der Immobilienwirtschaft wird es regelmäßig zu einem unternehmens- oder teilunternehmensbezogenen Umsatzschlüssel kommen, da ein präziserer Aufteilungsmaßstab kaum ermittelt werden kann. Wenn aber neben dem Gesamtumsatzschlüssel auch ein oder mehrere andere Aufteilun...