Dipl.-Finanzwirt (FH) Udo Klingler
Leitsatz
Führt ein Unternehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet Vermietungsumsätze aus, für die er im Belegenheitsstaat auf die Steuerbefreiung verzichtet, sind die inländischen Vorsteuern abzugsfähig, weil sie mit steuerpflichtigen Umsätzen zusammenhängen. Die abweichende Verwaltungsauffassung (vgl. Abschn. 205 Abs. 1 UStR) steht im Widerspruch zu Gemeinschaftsrecht. Hiernach wären Vorsteuern vom Abzug ausgeschlossen, wenn Umsätze, die im Ausland bewirkt werden, im Inland steuerfrei wären. Eine Option zur Steuerpflicht im Ausland sei unbeachtlich. Nach Auffassung des Gerichts läuft es jedoch dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer zuwider, wenn das mit dem Verzicht auf die Steuerfreiheit der Verwendungsumsätze erworbene Recht auf Vorsteuerabzug wieder beseitigt wird.
Sachverhalt
Ein im Inland ansässiger Unternehmer vermietet in den Niederlanden Bürogebäude an andere Unternehmer und verzichtete dort für diese Umsätze auf die Umsatzsteuerfreiheit. Im Inland führt er keine umsatzsteuerbaren Leistungen aus. Bei der Inanspruchnahme inländischer Dienstleistungen sind ihm inländische Vorsteuern entstanden. Das Finanzamt lehnte den Abzug der geltend gemachten inländischen Vorsteuern ab. Denn die Vorsteuerbeträge würden mit Umsätzen im Zusammenhang stehen, die im Falle der Steuerbarkeit im Inland steuerfrei wären (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG)
Entscheidung
§ 15 Abs. 2 UStG schließt die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung bestimmter steuerfreier Umsätze verwendet vom Steuerabzug aus. Dazu gehören nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden. Damit wird im Gesetz klargestellt, dass ein Vorsteuerabzug auch bei Auslandsumsätzen zu gewähren ist, sofern entsprechende Umsätze im Inland steuerpflichtig wären. Vermietungsumsätze sind dann steuerpflichtig, wenn der Unternehmer auf die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 12a i.V.m. § 9 Abs. 1 UStG verzichtet hat. Hat er, wie im Streitfall, für die Steuerpflicht seiner Vermietungsumsätze in einem Staat des übrigen Gemeinschaftsgebiets optiert, entstehen steuerpflichtige Umsätze mit der Folge der Vorsteuerabzugsberechtigung auch für im Inland bezahlte Vorsteuern aus Eingangsleistungen. Die anders lautende Auffassung der Verwaltung (Abschn. 205 Abs. 1 UStR) und der Literatur stehen im Widerspruch zu Gemeinschaftsrecht.
Hinweis
Der BFH hat bislang nicht darüber entschieden, ob im Ausland ausgeführte Vermietungsumsätze, für die der Unternehmer auf die Steuerfreiheit verzichtet hat, auch als inländische Umsätze steuerpflichtig wären und demzufolge der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu gewähren ist. Das Finanzgericht hat deshalb die Revision zugelassen und das Finanzamt hat auch Revision eingelegt (Az. des BFH: V R 73/03). Es bleibt abzuwarten, wie der BFH entscheiden wird. Es ist wahrscheinlich, dass der BFH hierzu Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegen wird. In einschlägigen Fällen ist deshalb zu empfehlen, den inländischen Vorsteuerabzug im Hinblick auf das anhängige Verfahren zu begehren.
Link zur Entscheidung
FG Bremen, Urteil vom 05.11.2003, 2 K 526/02 (5)