Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Ein ausländischer Unternehmer kann sich im Inland berechnete Umsatzsteuerbeträge auch dann im Vorsteuervergütungsverfahren erstatten lassen, wenn er selber im Inland nach § 13b UStG Umsatzsteuer schuldet.
Sachverhalt
Die Klägerin war ein niederländisches Unternehmen, dem in Deutschland zutreffend Umsatzsteuerbeträge berechnet wurden. Die Klägerin beantragte die Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. § 59 ff. UStDV (in der Fassung bis zum 31.12.2009). Aus den Rechnungen ergab sich, dass die Klägerin aufgrund ihr gegenüber in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig ausgeführter sonstiger Leistungen ausländischer Unternehmer Umsatzsteuer nach § 13b UStG schuldete. Die Finanzverwaltung wies den Antrag auf Vorsteuervergütung zurück, da sie der Auffassung war, dass die Klägerin die Vorsteuerbeträge im normalen Veranlagungsverfahren geltend machen müsste. Nach Abschn. 182a Abs. 43 UStR (jetzt Abschn. 13b.15 Abs. 4 UStAE) besteht keine Antragsberechtigung für eine besondere Vergütung von Vorsteuern, wenn der Unternehmer im Vergütungszeitraum für von ihm in Anspruch genommene Leistungen die Umsatzsteuer gemäß § 13b UStG schulde.
Entscheidung
Das Gericht hat die Klage als begründet angesehen. Die Möglichkeit, sich in Deutschland entstandene Umsatzsteuerbeträge im Rahmen der Vorsteuervergütung erstatten zu lassen, richtet sich (in dem Klagejahr) nach den Vorschriften des § 18 Abs. 9 UStG (Ermächtigungsvorschrift) und der Ausgestaltung in § 59 ff. UStDV. Wesentliche Voraussetzung ist dafür, dass der Unternehmer im Inland keine Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5 UStG ausführt. Bereits nach dem Wortlaut knüpft diese Norm an die Ausführung einer steuerpflichtigen Lieferung oder die Erbringung einer steuerpflichtigen sonstigen Leistung an, nicht aber an die ggf. davon zu trennende Steuerschuldnerschaft derjenigen Person, welche die Leistungen erhalten hat.
Die Regelung des § 13b UStG bezieht sich nur auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers, dies führt aber nicht zur Ausführung von Umsätzen oder innergemeinschaftlichen Erwerben. Damit sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vorsteuervergütung erfüllt.
Hinweis
Das FG hat gegen seine Entscheidung Revision beim BFH zugelassen (anhängig beim BFH unter V R 12/12), da sich der BFH schon einmal - allerdings unter umgekehrten Voraussetzungen - mit der Frage der Vorsteuervergütung befasst hatte. In einem Verfahren (BFH, Urteil v. 14.4.2011, V R 14/10, BStBl 2011 II S. 834) hatte der BFH entschieden, dass ein im Ausland ansässiger Unternehmer alle im gesamten Kalenderjahr angefallenen Vorsteuerbeträge im normalen Besteuerungsverfahren geltend machen kann, wenn er selber Steuerbeträge nach § 13b UStG schuldet. Nach dieser Entscheidung ist der Unternehmer nicht verpflichtet, die Vorsteuervergütung vorzunehmen, selbst wenn dies für Teilabschnitte eines Kalenderjahrs möglich wäre.
Soweit aus der Entscheidung des BFH zu folgern wäre, dass die Anwendung des Vorsteuervergütungsverfahrens ausgeschlossen ist, wenn der Unternehmer selbst Leistungen bezogen hat, für die er Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 UStG ist, folgt das FG dem BFH insoweit nicht.
Das Verfahren betraf zwar die bis zum 31.12.2009 geltende Regelung zur Vorsteuervergütung. Die grundsätzliche Frage, ob Vorsteuervergütung in Frage kommt oder die Vorsteuer im Veranlagungsverfahren geltend zu machen ist, ist aber auch in dem seit dem 1.1.2010 geltenden Vergütungsverfahren gleichermaßen wichtig.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 22.02.2012, 2 K 2447/10