Kommentar

Geht die juristische Person, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist, in Konkurs und werden vom Amtsgericht die Sequestration und ein allgemeines Veräußerungsverbot i.S.d. § 106 KO angeordnet, stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt die umsatzsteuerliche Organschaft endet.

Praxis-Beispiel

Beispiel: Ein Einzelunternehmer gründete eine GmbH, deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer er ist. Mit Pachtvertrag verpachtete er alle bisher von ihm im Rahmen der Einzelfirma genutzten Betriebsgrundlagen an die GmbH. Mithin ist von einer Betriebsaufspaltung und umsatzsteuerlichen Organgesellschaft zwischen der GmbH und dem Einzelunternehmen auszugehen. Einige Jahre später stellte der Geschäftsführer der GmbH Konkursantrag. Vom Amtsgericht wurden die Sequestration und ein allgemeines Veräußerungsverbot angeordnet. Einen Monat später wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Damit endete das Pachtverhältnis zwischen dem Einzelunternehmer und der GmbH.

Der BFH entschied, daß die Voraussetzungen der Organschaft bis zur Konkurseröffnung erhalten bleiben; die Sequestration beendet dagegen noch nicht die Organschaft. Entsprechend der tatsächlichen Ausgestaltung der Sequestration unterscheidet man zwischen verschiedenen Formen der Verwaltungs- und Sicherungssequestration. Durch eine bloße Sicherungssequestration wird die Organschaft noch nicht beendet. Bei Organschaften, bei denen der Organträger Geschäftsführer der Organgesellschaft ist, endet die Organschaft regelmäßig spätestens mit der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft, weil der Organträger den wesentlichen Einfluß auf die Organgesellschaft an den Konkursverwalter verliert. Aus der Anordnung der Sequestration und des allgemeinen Veräußerungsverbots darf nicht bereits geschlossen werden, daß der Einzelunternehmer den maßgeblichen Einfluß auf die Organgesellschaft mit Anordnung der Sequestration verloren habe. Denn das von ihm ausgeübte Recht des Gemeinschuldners, sein Vermögen zu verwalten und über dieses zu verfügen, blieb bis zur Konkurseröffnung erhalten. Tatsächlich blieb der Einzelunternehmer auch bis zu diesem Zeitpunkt der Geschäftsführer der GmbH.

Die Organschaft endet allerdings bereits vor Eröffnung des Konkursverfahrens mit der Anordnung der Sequestration, wenn der Sequester den maßgeblichen Einfluß auf die Organgesellschaft erhält und ihm eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft möglich ist, also eine Verwaltungssequestration vorliegt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.03.1997, V R 96/96

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