Leitsatz
1. Herstellungskosten sind die Kosten, die unmittelbar der Herstellung dienen oder in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Herstellung des Wirtschaftsguts anfallen. Die Herstellung endet mit der Fertigstellung des Erzeugnisses. Folgekosten sind nicht als Herstellungskosten zu erfassen.
2. Welche Kosten einem Anschaffungsvorgang im Einzelfall zuzuordnen und daher zu den Anschaffungs(neben-)kosten zu rechnen sind, ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Dabei ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend, vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen an.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG , § 255 HGB
Sachverhalt
Die Klägerin ist sowohl Importeurin als auch Herstellerin von Erdölerzeugnissen. Als solche ist sie nach § 9 Abs. 1 ErdölBevG vom 25.7.1978 (BGBl I 1978, 1073) Mitglied im Erdölbevorratungsverband (EBV), einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dessen Aufgabe besteht darin, zur Sicherung der Energieversorgung ständig Vorräte an Erdölerzeugnissen zu halten (§ 2 ErdölBevG). Die Höhe der Bevorratung bestimmte sich im Streitjahr nach der Menge der im letzten Kalenderjahr durchschnittlich im Lauf von 65 Tagen eingeführten oder im Inland hergestellten Erdölerzeugnisse (§ 3 Abs. 1 ErdölBevG). Zur Erfüllung seiner Vorratspflicht erwirbt der EBV grundsätzlich die erforderlichen Bestände und lagert sie ein (§§ 5 und 8 ErdölBevG).
Insbesondere zum Zweck der Verhütung drohender oder der Behebung eingetretener Störungen in der Energieversorgung ist der BMWi ermächtigt, durch Rechtsverordnung bestimmte Mengen der Vorratsbestände freizugeben (§ 30 ErdölBevG). Werden Bestände freigegeben, sollen die Vorräte vorrangig den Mitgliedsunternehmen unter angemessener Berücksichtigung ihres Anteils an der Aufbringung der Kosten des EBV angeboten werden (§ 30 Abs. 3 ErdölBevG). Daneben waren im Streitzeitraum auch die Hersteller von Erdölerzeugnissen verpflichtet, bestimmte Mengen von Erdölerzeugnissen auf Vorrat zu halten (§§ 25 ff. ErdölBevG).
Die Klägerin behandelte die Beiträge an den EBV als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben. Das FA beurteilte sie dagegen als Bestandteil der AK und HK der von der Klägerin importierten bzw. hergestellten Vorräte an Erdölerzeugnissen.
Entscheidung
Ebenso wie bereits das FG gab auch der BFH der Klägerin Recht. Die Gründe, die ihn dazu bewogen haben, sind bereits im Zusammenhang mit den Praxis-Hinweisen erschöpfend aufgezeigt worden. Darauf sei verwiesen.
Hinweis
1. Was unter AK und HK zu verstehen ist, ergibt sich letztlich sowohl für das Handels- wie das Steuerrecht aus § 255 HGB:
HK sind danach (§ 255 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. HGB) die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines WGs entstehen, die also durch den Herstellungsvorgang selbst verursacht sind (einschließlich Material-, Fertigungs-, Sonderkosten). § 255 Abs. 2 HGB fordert im Gegensatz zu § 255 Abs. 1 HGB – die AK betreffend -nicht den Einbezug von Nebenkosten in die HK und nicht allgemein die Erfassung nachträglich anfallender Kosten. Nachträgliche HK setzen die Veränderung eines bereits bestehenden WGs im Rahmen eines weiteren Herstellungsvorgangs voraus. Davon ist nur im Fall einer Erweiterung oder einer über den ursprünglichen Zustand des WGs hinausgehenden wesentlichen Verbesserung auszugehen (§ 255 Abs. 2 Satz 1 2. und 3. Alt. HGB).
AK sind gem. § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dazu gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen AK (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB).
2. Das alles ist jedenfalls in der Theorie nicht weiter problematisch, in concreto kann dies aber sehr wohl sein. Im Besprechungsurteil war dies der Fall, und zwar hinsichtlich der (Zwangs-)Beiträge, die ein Importeur und Hersteller (hier: von Erdölerzeugnissen) an einen Verband (hier: den Erdölbevorratungsverband) zu erbringen hatte. Das FA wollte diese Beiträge den HK und AK zuschlagen.
Der BFH stellt klar: Was zu den AK gehöre, das bestimme sich allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten; ein bloß kausaler oder zeitlicher Zusammenhang sei unbeachtlich. So lägen die Dinge aber bei den Zwangsverbandsbeiträgen: Diese stünden wirtschaftlich gesehen nicht in Zusammenhang mit den angeschafften Waren und gehörten deswegen nicht zu den AK. Soweit die gesetzlichen Vorgaben (hier: das Erdölbevorratungsgesetz) sich an den eingeführten Ölmengen orientiere, handele es sich lediglich um eine Bemessungsgrundlage. Und den HK seien die Beträge schon deshalb nicht zuzuordnen, weil sie erst nach Beendigung des eigentlichen Fertigungsvorgangs anfielen. Nachträgliche Folgekosten lassen sich prinzipiell nicht als HK erfassen.
3. Die Entscheidung hat praktische Relevanz vor allem für Beiträge an Handwerks- oder Handelskammern, di...