Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Die Verrechnung einer an Altkunden gewährten Werbeprämie für die Vermittlung von Neukunden mit geschuldetem Leistungsentgelt des Altkunden mindert nicht die Bemessungsgrundlage.
Sachverhalt
Die Klägerin unterhielt einen Versandhandel mit Lebensmitteln. In ihren Werbeprospekten und auf ihrer Internetseite wurde jedem ihrer Altkunden für die Nennung der Adresse eines neuen Kunden eine "Werbegutschrift" versprochen. Voraussetzung war, dass der Neukunde nach Zusendung eines Probierpakets eine Bestellung aufgab und bezahlte. Die dem Altkunden zugesagte Prämie konnte aber nicht ausbezahlt werden, sondern wurde erst im Rahmen einer weiteren Bestellung des Altkunden von dem aus dieser Bestellung geschuldeten Betrag in Abzug gebracht. Die Klägerin minderte die Bemessungsgrundlage für die Lieferung an die Altkunden um die verrechnete Werbegutschrift.
Das Finanzamt unterwarf hingegen das ungeschmälerte Entgelt (ohne Abzug der Werbegutschrift) der Besteuerung. Dagegen richtete sich die Klage.
Entscheidung
Das Gericht sah die Klage als unbegründet an. Die Klägerin führte unstrittig in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen aus. Die Bemessungsgrundlage bestimmte sich gem. § 10 Abs. 1 UStG nach dem, was der Leistungsempfänger aufwendete, um die Leistung zu erhalten. Die dem Altkunden gewährte und verrechnete Werbeprämie stellte keine Minderung der Bemessungsgrundlage für die Lieferungen dar, da der Gewährung dieser Prämien ein eigenständiger Leistungsaustausch zwischen den Altkunden und der Klägerin zu Grunde lag.
Zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Im Streitfall bestand die Leistung des jeweiligen Altkunden in der Nennung der Adresse eines potenziellen Neukunden. Diese Leistung wurde im Hinblick auf die zu erwartende Prämie erbracht. Dies ist auch eine eigenständige Leistung, der Altkunde wendete somit neben dem tatsächlich gezahlten Betrag die jeweilige ihm gewährte Werbeprämie für die ihm gegenüber ausgeführte Lieferung der Lebensmittel auf.
Die Zahlung der Werbeprämie stellt auch keine Entgeltminderung für die Lieferung der Lebensmittel dar, da die Prämien ausschließlich für die Werbung eines neuen Kunden bezahlt werden, eine Rückgewähr eines für die Lieferung gezahlten oder berechneten Entgelts liegt damit nicht vor. Dass der Altkunde kein Unternehmer war, ändert ebenfalls nichts an dem Charakter des Leistungsaustausches, auch Nichtunternehmer können Leistungen ausführen.
Hinweis
Gegen das Urteil wurde keine Revision zugelassen, da keine Gründe dafür vorhanden waren.
Entscheidend für das Urteil war, dass der Altkunde gegenüber der Klägerin eine eigenständige Leistung ausführte, dabei muss der leistende Altkunde kein Unternehmer i. S. des UStG sein. Wenn die Werbeleistung des Altkunden eine eigenständige Leistung darstellt, liegt eine Verrechnung gegenseitiger Ansprüche vor, die auch dann gegeben ist, wenn es nicht zu einer Barauszahlung kommen kann. Die Verrechnung gegenseitiger Ansprüche führt grundsätzlich nicht zu Entgeltsminderungen.
Der Sachverhalt berührt damit das in der Praxis immer wieder auftretende Problem, dass Verrechnungen gerne und ohne weitere rechtliche Prüfung als Entgeltsminderungen angesehen werden, diese aber tatsächlich nur eine Aufrechnung gegeneinander gerichteter Ansprüche darstellen, die ohne Einfluss auf die jeweiligen Bemessungsgrundlagen ist.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 02.02.2011, 3 K 1504/08