Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
2.1 Sachverhalt
Investor I besitzt in Stuttgart ein größeres Immobilienobjekt, in dem er ausschließlich steuerfreie Wohnungsvermietung betreibt. Da die vorhandene Zentralheizung nicht mehr den ökologischen Ansprüchen genügt, möchte er eine neue Heizung in dem Objekt einbauen lassen. Nach intensiven Recherchen hat sich I für die Heizungskomponenten eines Schweizer Anbieters entschieden. Noch nicht abschließend ausgehandelt ist, ob der Schweizer Unternehmer auch den Einbau der Heizung übernehmen soll oder ob der Einbau durch einen von I beauftragten Unternehmer erfolgt.
Für I ergeben sich die beiden folgenden Möglichkeiten:
- Lieferung der Heizungskomponenten durch den Schweizer Unternehmer S aus dessen Auslieferungslager in Singen (Deutschland) an die Baustelle in Stuttgart für 30.000 EUR und Einbau der Heizung im Auftrag des I durch den in Stuttgart ansässigen Heizungsbauer H für 10.000 EUR (jeweils zzgl. Umsatzsteuer).
- Lieferung und Einbau der Heizung durch den Schweizer Unternehmer für 40.000 EUR, die Materialien kommen ebenfalls aus dessen Auslieferungslager in Singen, der Einbau erfolgt durch den von S beauftragten (Sub-)Unternehmer H für ebenfalls 10.000 EUR.
2.2 Fragestellung
Die beteiligten Unternehmer möchten wissen, wie die Leistungen unter den genannten Möglichkeiten abzurechnen sind. S unterhält in Deutschland neben dem Auslieferungslager (keine Betriebsstätte i. S. d. Umsatzsteuerrechts) keine Betriebsstätten oder Zweigniederlassungen.
2.3 Lösung
Alle Beteiligten sind Unternehmer, die selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig sind; dass es sich teilweise um ausländische Unternehmer handelt, ist dabei ohne Auswirkung. Alle Unternehmer handeln im Rahmen ihres Unternehmens.
Im ersten Fall liefert Unternehmer S die Heizung. Da er keine weitere Be- oder Verarbeitung vornimmt, liegt der Grundfall der Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG vor. Ort der Lieferung ist dort, wo die Beförderung des Gegenstands zum Abnehmer beginnt, also im Auslieferungslager in Singen. Die Lieferung durch S ist damit in Deutschland nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar, eine Steuerbefreiung nach § 4 UStG kommt nicht in Betracht.
Da es sich um eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG handelt, bleibt S Steuerschuldner für die von ihm ausgeführte Leistung, unabhängig davon, dass er nicht in Deutschland ansässig ist. S muss – soweit nach dem Sachverhalt von einem Nettopreis für die Heizungskomponenten von 30.000 EUR ausgegangen wird – für die Lieferung 19 % (5.700 EUR) berechnen, anmelden und an sein Finanzamt in Deutschland abführen.
Eigenschaft als ausländischer Unternehmer bei Lieferung unerheblich
Bei einer Lieferung kommt es nicht darauf an, ob es sich bei dem leistenden Unternehmer um einen ausländischen Unternehmer handelt oder nicht. Soweit der Ort der Lieferung im Inland ist, führt dies für den leistenden Unternehmer zu einem steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz, für den der leistende Unternehmer grundsätzlich der Steuerschuldner ist.
Der Einbau der Heizung durch H erfolgt im Rahmen einer Werkleistung, da H offensichtlich nur Nebensachen oder Zutaten bei dem Einbau der Heizung verwendet, der Hauptstoff – die Heizung – wird bauseits durch I gestellt und scheidet als Materialbeistellung aus dem Leistungsaustauschprozess aus. Da die Heizung fest in das Gebäude eingebaut wird, handelt es sich um eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, die dort ausgeführt ist, wo sich das Grundstück befindet. Die Leistung ist damit in Deutschland steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und unterliegt auch keiner Steuerbefreiung nach § 4 UStG. Steuerschuldner für die Leistung ist H. H muss dem Leistungsempfänger für die von ihm ausgeführte Werkleistung 19 % Umsatzsteuer (1.900 EUR) berechnen.
Übertragung der Steuerschuld bei bauleistendem Unternehmer als Leistungsempfänger möglich
Etwas anderes könnte sich im Zusammenhang mit der Steuerschuldnerschaft nur dann ergeben, wenn I – neben der Vermietungstätigkeit – ein Unternehmer wäre, der selbst am Markt Bauleistungen ausführt. In diesem Fall würde er als bauleistender Unternehmer für die ihm gegenüber ausgeführte Bauleistung zum Steuerschuldner werden.
Für I ergibt sich kein Vorsteuerabzug aus den ihm gegenüber ausgeführten Leistungen, da er die Leistungen für seine steuerfreie Vermietungstätigkeit nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG verwendet, es liegt auch keine Ausnahme nach § 15 Abs. 3 UStG vor. Eine Option nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerpflicht der Umsätze scheidet schon deshalb aus, weil die Wohnungsmieter nicht Unternehmer sind.
Im zweiten Fall führt Unternehmer S eine einheitliche Leistung aus, die in der Verschaffung der Verfügungsmacht über die Heizung und dem Einbau der Heizung besteht. Da S den Hauptstoff stellt, liegt eine Werklieferung nach § 3 Abs. 4 UStG vor. Dass sich S für den Einbau der Heizung des Subunternehmers H bedient, ist für die Annahme einer einheitlichen Leistung unschädlich, da S gegenüber seinem Vertragspartner die eingebaute u...