Prof. Dr. Stefan Müller, Patrick Saile
Rz. 221
Begrifflich wird zwischen Finanzinstrumenten/Eigenkapitalinstrumenten und finanziellen Vermögenswerten/Schulden unterschieden.
Ein Finanzinstrument ist ein Vertrag, der gleichzeitig:
- bei dem einen Unternehmen zu einem finanziellen Vermögenswert und
- bei dem anderen Unternehmen zu einer finanziellen Verbindlichkeit oder einem Eigenkapitalinstrument führt. (IAS 32.11)
Eigenkapitalinstrumente begründen hingegen einen Residualanspruch am Vermögen abzüglich der Schulden eines Unternehmens.
Rz. 222
In der Bilanz werden finanzielle Vermögenswerte und Schulden und nicht die Verträge (Finanzinstrumente), auf welchen diese zurückzuführen sind, erfasst.
Zu finanziellen Vermögenswerten gehören:
Für finanzielle Schulden gilt Gleiches spiegelbildlich.
Steuerverbindlichkeiten oder faktische Verpflichtungen basieren nicht auf Verträgen und sind daher keine Finanzinstrumente, weshalb hier auch keine finanziellen Vermögenswerte oder Schulden vorliegen.
Rz. 223
Im Grundsatz kann zwischen originären und derivativen Finanzinstrumenten unterschieden werden.
Derivate leiten ihren Wert aus einem unterliegenden Basisobjekt ab. Gem. IFRS 9.A liegt ein Finanzderivat vor, wenn folgende Kriterien gegeben sind:
- Die Wertentwicklung wird durch die zukünftige Entwicklung des Basisobjekts bestimmt.
- Es ist keine Anfangsauszahlung erforderlich oder diese ist im Vergleich zu anderen Vertragsformen, von denen zu erwarten ist, dass sie in ähnlicher Weise auf Änderungen der Marktbedingungen reagieren, geringer (IFRS 9.BA.3).
- Es handelt sich um ein Termingeschäft, welches zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt wird.
Termingeschäfte werden weiter unterschieden in solche, die unbedingt (Festtermingeschäft) und die bedingt sind (Option).
Das Gegenstück zu Derivaten stellen originäre Finanzinstrumente dar. Hierbei handelt es sich z. B. um Forderungen, Zahlungsverpflichtungen oder Eigenkapitalinstrumente (IAS 32.AG15).
Praktisch muss die Anwendung dieses Grundsatzes im Einzelfall genau geprüft werden. So können eine Vielzahl von Bedingungen und Ausnahmen zu unterschiedlichen Qualifizierungen führen.
Bei einem Warentermingeschäft liegt z. B. kein Finanzinstrument vor, wenn die physische Lieferung mit anschließender Verwendung im Unternehmen geplant ist (IAS 32.8).
Wurde eine Net-Settlement-Option (IAS 32.9(a)) vereinbart, handelt es sich jedoch um ein Finanzinstrument. Gleiches gilt, wenn keine solche Option vereinbart wurde, jedoch bei ähnlichen Verträgen in der Vergangenheit dennoch ein Barausgleich vollzogen (IAS 32.9(b)) bzw. der Vermögenswert nach Erwerb sofort veräußert wurde (IAS 32.9(c)) oder der erworbene Vermögenswert jederzeit am Markt umsetzbar ist (IAS 32.9(d)).
Das Vorhandensein oder Anwenden einer Net-Settlement-Option in der Vergangenheit wird wiederum durchbrochen, sofern das Geschäft dem eigenen Unternehmen dient (own-use examption). Hier liegt dann eine Rückkehr zur physischen Lieferung vor.
Diese own-use examption kann wiederum durch Anwendung der fair value option (IFRS 9.2.4) durchbrochen werden.