Leitsatz
Bei geschiedenen oder dauerhaft getrennt lebenden Eheleuten ist der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsaufwand des Kindes grundsätzlich hälftig aufzuteilen. Der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, kann einer beantragten Übertragung seines Freibetrages auf den anderen Elternteil widersprechen, wenn er in wesentlichem Umfang Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind betreut. Bei der Frage, ob eine wesentliche Betreuung vorliegt, ist nicht von einer zeitlichen Untergrenze von 25 % auszugehen.
Sachverhalt
Die Klägerin ist von ihrem Mann geschieden. Die gemeinsamen Kinder leben im Haushalt der Klägerin und sind dort gemeldet. Die Kinder sind jedes zweite Wochenende sowie in den Schulferien bei ihrem Vater. Die Klägerin stellte den Antrag auf Gewährung des vollen Freibetrages für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf. Hiergegen hat der Vater aufgrund der ihm anfallenden Betreuungskosten widersprochen. Die Klägerin war dagegen der Ansicht, dass der Vater nur unwesentlich, nämlich an ca. 25 % der Tage eines Jahres die Kinder betreue. Aus diesem Grund sei ein Widerspruch nicht möglich.
Entscheidung
Das Gericht lehnte die Klage als unbegründet ab und lehnte eine Übertragung des anteiligen Freibetrages vom Vater auf die Klägerin ab. Nach dem Gesetzeswortlaut kann der Elternteil, bei dem ein minderjähriges Kind nicht gemeldet ist, der beantragten Übertragung seines hälftigen Freibetrages auf den anderen Elternteil widersprechen, wenn er in nicht unwesentlichem Umfang Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind betreut. Im Streitfall hat der Vater der Übertragung wirksam widersprochen. Er hat sich in einem solchen Umfang um das Kind gekümmert, dass ihm in Bezug auf die Kindesentwicklung eine Bedeutung zukommt. Dass der Umfang seiner Betreuungsleistung hinter dem der Klägerin zurückblieb, ist insofern irrelevant. Nach dem Gesetz sind für die hälftige Aufteilung des Freibetrages weder gleich hohe Betreuungsanteile erforderlich, noch wurde eine feste zeitliche Untergrenze von mindestens 25 % festgelegt. Im Streitfall hat der Vater zudem auch Kinderbetreuungskosten getragen.
Hinweis
Bei der Frage, ob die Schwelle der Unwesentlichkeit überschritten wurde, ist eine wertende Betrachtung vorzunehmen. Das Gesetz erfordert weder gleich hohen Betreuungsanteile noch sieht es eine Untergrenze von 25 % vor. Somit ist eine Einzelfallentscheidung erforderlich, die in der Praxis wohl noch weitere gerichtliche Entscheidungen nach sich ziehen wird.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.12.2015, 4 K 1624/15