Leitsatz

Kosten zur Wiederbeschaffung lebensnotwendiger Vermögensgegenstände wie Hausrat und Kleidung, die aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses beschädigt oder zerstört worden sind, können mangels Zwangsläufigkeit nicht steuermindernd als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn der Geschädigte es unterlassen hat, eine allgemein übliche und zumutbare Versicherung (hier eine Hausratversicherung) abzuschließen.

 

Normenkette

§ 33 EStG

 

Sachverhalt

Am 9.9.1997 wurden in der Mietwohnung der Klägerin infolge eines durch Blitzschlag verursachten Wasserrohrbruchs zahlreiche Hausratsgegenstände sowie einige Kleidungsstücke beschädigt. Die Klägerin musste die Kosten für die Wiederbeschaffung mangels Hausratversicherung selbst tragen. Das FA lehnte den Abzug der mit der Einkommensteuererklärung für 1997 als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von ca. 34.000 DM ab.

Das FG berücksichtigte die Aufwendungen in Höhe von 11.001 DM abzüglich der zumutbaren Eigenbelastung als außergewöhnliche Belastung und wies die Klage im Übrigen ab. Die Revision des FA führte zur Klageabweisung.

 

Entscheidung

Die Kosten für die Wiederbeschaffung des Hausrats und der Kleidung könnten mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, weil die Kläger es unterlassen hätten, eine allgemein zugängliche und auch zumutbare Hausratversicherung abzuschließen.

 

Hinweis

Während die frühere Rechtsprechung § 33 EStG auch als Billigkeitsvorschrift verstanden hat, bewertet der BFH die Vorschrift nunmehr als erweitertes Existenzminimum. Erfasst werden soll ein aufgrund nicht beeinflussbarer Umstände vorliegender erhöhter Grundbedarf eines Steuerpflichtigen, der sich entweder als einmaliger Aufwand aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses ergibt oder der – wie etwa bei chronisch Kranken oder Behinderten – ständig vorhanden ist.

Kosten für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung infolge unabwendbarer Ereignisse fallen grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 33 EStG. Die laufenden Aufwendungen hierfür – ebenso die Kosten der erstmaligen Begründung eines eigenen Hausstands – werden zwar durch den Grundfreibetrag abgegolten. Wird jedoch Hausrat und Kleidung durch eine Katastrophe vernichtet, entstehen den Betroffenen in einem existenznotwendigen Bereich höhere Aufwendungen als typischerweise durch den Grundfreibetrag abgegolten werden.

Dies gilt aber nicht, wenn die Betroffenen sich den Aufwendungen durch Abschluss einer allgemein zugänglichen, üblichen und auch zumutbaren Versicherung hätten entziehen können, dann greift § 33 EStG nicht ein. Dies ist hinsichtlich der Hausratversicherung der Fall. 75 % aller Haushalte verfügen über eine derartige Versicherung, deren Beiträge sie aus versteuertem Einkommen zahlen müssen. Der BFH hat mit dieser Entscheidung Grundsätze, die er bereits in einem früheren Urteil zur Beseitigung von Wasserschäden an einem selbst genutzten Einfamilienhaus entwickelt hat, auf die Wiederbeschaffungskosten für Hausrat und Kleidung übertragen.

Wiederbeschaffungskosten für zerstörten Hausrat, die von der Hausratversicherung nicht getragen werden, sind dagegen grundsätzlich nach § 33 EStG abziehbar, sofern die Aufwendungen notwendig und angemessen sind. Ferner gelten die Grundsätze dieses Urteils nur für Schäden an existenznotwendigen Gütern, gegen die man sich üblicherweise versichert. Der BFH hat betont, dass er, obwohl auch der Abschluss einer Krankenversicherung allgemein üblich ist, an seiner Rechtsprechung zum Abzug von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung festhält.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.6.2003, III R 36/01

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