Leitsatz
Mehrere mit Windkraftanlagen bebaute Grundstücksflächen bilden regelmäßig keine wirtschaftliche Einheit i.S.d. § 2 Abs. 1 BewG, wenn sie durch Grundstücke, die zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören, voneinander getrennt sind.
Normenkette
§ 2 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Nr. 1 BewG
Sachverhalt
Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem eine KG aufgrund eines Nutzungsvertrags einen Windenergiepark mit zehn Windkraftanlagen betreibt. Das katastertechnisch neue gebildete Flurstück besteht aus zehn nicht aneinander grenzenden Teilflächen, auf denen jeweils eine Windkraftanlage errichtet ist, sowie aus Wegen, die verschiedene Teilflächen miteinander verbinden. Die nicht mit Windkraftanlagen bebauten und auch nicht befestigten Teile der zehn Teilflächen werden – ebenso wie die umliegenden Grundstücke des Klägers – landwirtschaftlich genutzt. Auch die Verbindungswege zwischen den Teilflächen dienen vorrangig dem landwirtschaftlichen Betrieb. Das FA behandelte das gesamte Flurstück als eine einzige wirtschaftliche Einheit und stellte hierfür im Wege der Nachfeststellung einen Einheitswert für die Grundstücksart unbebautes Grundstück fest. Das FG gab der auf Aufhebung des Feststellungsbescheids gerichteten Klage mit der Begründung statt, das Grundstück bestehe aus mehreren, je für sich zu bewertenden wirtschaftlichen Einheiten (FG Münster vom 15.4.2010, 3 K 62/08 EW, Haufe-Index 2351727, EFG 2010, 1476).
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung des FG mit den sich aus den Praxis-Hinweisen ergebenden Gründen.
Hinweis
Bewertungsrechtlich bildet jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens ein Grundstück i.S.d. BewG (§ 70 Abs. 1 BewG), wobei der Wert der wirtschaftlichen Einheit im Ganzen festzustellen ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BewG). Praktische Bedeutung hat die Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit nicht nur – wie im Streitfall – für den (nur noch grundsteuerlich bedeutsamen) Einheitswert, sondern ebenso für die Bewertung von Vermögensanfällen nach dem ErbStG (vgl. § 12 ErbStG) sowie die grunderwerbsteuerrechtliche Bestimmung des Grundstücks (§ 2 Abs. 3 GrEStG).
Aus dem Umfang der wirtschaftlichen Einheit ergibt sich, welche Vermögensteile durch den festgestellten Wert bereits erfasst sind bzw. noch einer gesonderten Bewertung bedürfen. Speziell bei Windparks – wie im Streitfall – war bislang fraglich, ob ein mit mehreren Windkraftanlagen bebautes und ansonsten landwirtschaftlich genutztes Grundstück als eine einheitliche wirtschaftliche Einheit zu beurteilen ist. Dies hat der BFH nunmehr verneint.
1. Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit bestimmt sich grundsätzlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, wobei sowohl objektive wie auch subjektive Momente bedeutsam sind. Mehrere Grundstücke bilden eine wirtschaftliche Einheit, wenn sie zu einem einheitlichen Zweck zusammengefasst sind. Dieser einheitliche Zweck muss sich auch äußerlich in einer entsprechenden einheitlichen Ausgestaltung niederschlagen und damit die selbstständige Funktion des einzelnen Grundstücks aufheben. Die katastertechnische Verselbstständigung eines Grundstücks ist für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit ohne Bedeutung.
2. Unbebaute Teilflächen eines Grundstücks, die durch zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehörende Grundstücke voneinander getrennt sind, bilden auch dann keine wirtschaftliche Einheit, wenn sich auf ihnen Betriebsvorrichtungen (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG) befinden. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn diese Betriebsvorrichtungen gleichartig und durch Leitungen miteinander verbunden sind und demselben Zweck dienen, aber ihrerseits jeweils ein gesondertes Wirtschaftsgut darstellen.
Diese Gegebenheiten treffen auf Windparks zu. Dabei geht der BFH ohne Weiteres davon aus, dass Türme von Windkraftanlagen als Betriebsvorrichtungen (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG) und nicht als Gebäude zu beurteilen sind (ebenso bereits BFH, Urteil v. 24.5.2007, II R 68/05, BFH/NV 2007, 1953, BStBl II 2008, 12).
3. Nach diesen Grundsätzen bilden mit Windkraftanlagen bebaute Teilflächen keine wirtschaftliche Einheit, weil diese Teilflächen räumlich voneinander getrennt sind und die zwischen diesen Teilflächen vorhandenen Wege vorrangig der landwirtschaftlichen Nutzung dienen. Daran ändert auch die Nutzung aller Teilflächen durch einen einheitlichen Nutzungsvertrag nichts.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.1.2012 – II R 25/10