Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht zur entgeltlichen Gebrauchsüberlassung hat. Nicht entscheidend ist das rechtliche oder wirtschaftliche Eigentum am Mietobjekt.
Sachverhalt
Die Klägerinnen sind Eigentümer eines Grundstücks, das mit einem dinglichen Wohnrecht belastet ist, dessen Ausübung keinem Dritten überlassen werden darf. Nachdem die Berechtigte Mitte 2004 ins Altenheim gezogen war, ließen die Klägerinnen die Immobilie Im Dezember 2004 renovieren und vermieteten sie ab dem Jahr 2005 mit Zustimmung der Wohnrechtsinhaberin.
In der Feststellungserklärung für 2004 setzten sie negative Vermietungseinkünfte an, deren Feststellung das Finanzamt mit der Begründung ablehnte, das Grundstück sei mit einem Wohnrecht belastet ist, dass nicht mit dem Auszug der Berechtigten erloschen sei. Demzufolge könne der Eigentümer mangels Einkünfteerzielung keine Werbungskosten geltend machen.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass insbesondere die Renovierungsaufwendungen als (vorweggenommene) Werbungskosten abzugsfähig sind. Den objektiven Tatbestand der Erzielung von Vermietungseinkünften erfüllt nämlich derjenige, der als Inhaber (Eigentümer, sonstiger Nutzungsberechtigter, tatsächlich Nutzender) über das mit der Erwerbsgrundlage verbundene Nutzungsverhältnis selbst wirtschaftlich verfügen kann. Entscheidend für die Zurechnung von Vermietungseinkünften ist demnach, wer die maßgebenden wirtschaftlichen Dispositionsbefugnisse über das Mietobjekt ausübt.
Das waren vorliegend die Klägerinnen, denn sie konnten aufgrund ihrer tatsächlichen Machtposition die entsprechenden Dispositionen über die Vermietungstätigkeit aus eigenem Recht ausüben. Sie waren Eigentümer des Objekts und wegen der Nichtausübung des Wohnrechts und der Zustimmung durch die dinglich Berechtigte auch faktisch in der Lage, hierüber zu disponieren.
Auch der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang der Aufwendungen mit der späteren Vermietungstätigkeit ist gegeben. Aufgrund der Tatsache, dass die Aufwendungen getätigt wurden, als die Berechtigte das Objekt nicht mehr bewohnte, sowie der zeitlichen Abfolge der durchgeführten Renovierungsarbeiten und der anschließenden Vermietung lässt sich ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Aufwendungen mit der späteren Vermietung herleiten.
Hinweis
Dem gefundenen Ergebnis steht die Regelung, dass die Ausübung des Wohnrechts nicht einem Dritten überlassen werden darf, nicht entgegen. Denn Sinn dieser Abrede ist es, Personen, die weder Eigentümer noch Wohnberechtigte sind, von der Nutzung des Grundstücks auszuschließen, nicht hingegen es zu unterbinden, dass mittels schuldrechtlicher Vereinbarung der Nutzungsberechtigte auf die Wahrnehmung seines dinglichen Nutzungsrechts verzichtet.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 30.07.2009, 13 K 1121/07