Die Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung haben ebenso wie die Forderungen einen Einfluss auf das Working Capital, allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen. Hohe Verbindlichkeiten reduzieren des Working Capital. Es handelt sich um einen Lieferantenkredit zugunsten des Unternehmens. Mit Blick auf die Bilanz und damit auf die Bilanzkennzahlen ist der Einfluss der Verbindlichkeiten leider nicht eindimensional.
Hohe Verbindlichkeiten und das damit verbundene geringere Working Capital sind zunächst positiv zu sehen. Für andere Kennzahlen muss bedacht werden, wo die Differenz gegenüber normalen und geringen Verbindlichkeiten verbucht werden muss.
- Auf der Passivseite der Bilanz erhöhen die Verbindlichkeiten die Bilanzsumme. Wird das gesparte Kapital dazu verwendet, die Liquidität zu erhöhen, steigt die Bilanzsumme auch auf der Aktivseite. Alle Kennzahlen, die von der Bilanzsumme abhängen, werden entsprechend beeinflusst.
- Wenn es gelingt, den bei den Verbindlichkeiten nicht ausgegebenen Betrag auf der Passivseite zu verbuchen, z. B. durch eine Verringerung der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, bleibt die Bilanzsumme unbeeinflusst.
- In der Praxis kommt es meist zu einer Mischung beider Möglichkeiten. Eine Lenkung der durch die Erhöhung der Verbindlichkeiten gesparten Beträge ist schwer, da sich deren Höhe ständig ändert.
Grundsätzlich hat die Veränderung der Verbindlichkeiten LuL einen Einfluss auf die Bilanzkennzahlen, die sich mit Liquidität und Verschuldung befassen:
Fremdkapitalquote = Fremdkapital / Bilanzsumme × 100
mit Verbindlichkeiten als Teil des Fremdkapitals und als Teil der Bilanzsumme
Verschuldungsgrad = Fremdkapital / Eigenkapital × 100
mit Verbindlichkeiten als Teil des Fremdkapitals
Liquidität 1. Grades = flüssige Mittel / kurzfristige Verbindlichkeiten × 100
mit den Verbindlichkeiten LuL als kurzfristige Verbindlichkeiten
Einfluss der Verbindlichkeiten auf Bilanzkennzahlen
Aktiva |
Bilanz zum 31.12.20XX |
Passiva |
Anlagevermögen |
2.750.000 |
1.225.000 |
Eigenkapital |
Umlaufvermögen |
|
315.000 |
Rückstellungen |
Vorräte |
1.430.000 |
2.500.000 |
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten |
Forderungen |
950.000 |
1.240.000 |
Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung |
Liquidität |
150.000 |
|
|
Bilanzsumme |
5.280.000 |
5.280.000 |
Bilanzsumme |
|
|
|
|
Working Capital |
1.140.000 |
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|
EK-Quote |
23,2 % |
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FK-Quote |
76,8 % |
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Verschuldungsgrad |
305,3 % |
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Liquidität 1. Grades |
12 % |
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Die Zahlen der Ausgangsbilanz führen zu einer Fremdkapitalquote von 76,8 %, einem sehr schlechten Verschuldungsgrad von 305,3 % und einer ebenfalls schlechten Liquidität 1. Grades von 12 %. Werden die Verbindlichkeiten um 260.000 EUR erhöht und wird dieser Betrag der freien Liquidität zugeführt, sinkt das Working Capital und die Bilanzsumme erhöht sich. Entsprechend verschlechtern sich die Eigen- und die Fremdkapitalquote. Der Verschuldungsgrad wird noch schlechter, die Liquidität 1. Grades verbessert sich.
Aktiva |
Bilanz zum 31.12.20XX |
Passiva |
Anlagevermögen |
2.750.000 |
1.225.000 |
Eigenkapital |
Umlaufvermögen |
|
315.000 |
Rückstellungen |
Vorräte |
1.430.000 |
2.500.000 |
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten |
Forderungen |
950.000 |
1.500.000 |
Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung |
Liquidität |
410.000 |
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|
Bilanzsumme |
5.540.000 |
5.540.000 |
Bilanzsumme |
|
|
|
|
Working Capital |
880.000 |
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EK-Quote |
22,1 % |
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FK-Quote |
77,9 % |
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Verschuldungsgrad |
326,5 % |
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Liquidität 1. Grades |
27 % |
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Wird die entstehende Liquidität genutzt, um die Verbindlichkeiten gegenüber den Kreditinstituten zu reduzieren, verändert sich die Bilanzsumme gegenüber der Ausgangsbilanz nicht. Das Working Capital sinkt, Eigenkapital- und Fremdkapitalquote bleiben unverändert, ebenso der Verschuldungsgrad. Allerdings sinkt auch die Liquidität 1. Grades.
Aktiva |
Bilanz zum 31.12.20XX |
Passiva |
Anlagevermögen |
2.750.000 |
1.225.000 |
Eigenkapital |
Umlaufvermögen |
|
315.000 |
Rückstellungen |
Vorräte |
1.430.000 |
2.240.000 |
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten |
Forderungen |
950.000 |
1.500.000 |
Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung |
Liquidität |
150.000 |
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|
Bilanzsumme |
5.280.000 |
5.280.000 |
Bilanzsumme |
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|
Working Capital |
880.000 |
|
|
EK-Quote |
23,2 % |
|
|
FK-Quote |
76,8 % |
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|
Verschuldungsgrad |
305,3 % |
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Liquidität 1. Grades |
10 % |
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Dieses Beispiel zeigt, wie differenziert sich das Working Capital Management auf die Bilanz und die Bilanzkennzahlen auswirken kann. Wer versucht, durch eine Verbesserung der Zahlungskonditionen die Verbindlichkeiten zu erhöhen, muss immer sehr detailliert planen. Wichtig für die Vorhersage der Entwicklung von Bilanzkennzahlen ist die weitere Verwendung der frei werdenden finanziellen Mittel.