Rz. 1834

Verdeckte Gewinnausschüttungen sind gesetzlich nicht definiert, sondern werden von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorausgesetzt. Der Begriff der vGA ist von der BFH-Rechtsprechung[1] entwickelt und von der Finanzverwaltung übernommen worden.[2]

 

Rz. 1835

Danach wird eine vGA definiert als:

  • eine Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung,
  • die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und
  • sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG (d. h. des Einkommens) auswirkt[3] und
  • in keinem Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung steht, d. h. ohne gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsbeschluss (A 8.5 KStR) erfolgt.
 

Rz. 1836

Damit beschränkt sich die Definition darauf, die Voraussetzungen der vGA auf der Gesellschaftsebene darzustellen, und distanziert sich von der früheren (weiteren) Voraussetzung, dass zusätzlich ein Vermögensvorteil beim Anteilseigner vorliegen müsse.[4] Allerdings muss die Vermögensminderung der Kapitalgesellschaft objektiv geeignet sein, beim Anteilseigner irgendwann einen Bezug i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.[5]

 

Beteiligungsertrag

Diese "Eignung zum Beteiligungsertrag" wird vom BFH nicht generell in seiner Rspr. zur vGA verwendet. Nach h. M. hat es die Funktion eines Zusatztatbestandes für untypische Einzelfälle.

 

Rz. 1837

Entscheidend für eine vGA ist die gesellschaftliche Veranlassung ("societatis causa"). Nach der Rechtsprechung liegt eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis dann vor, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 43 Abs. 1 GmbHG) die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Anteilseigner ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte.[6] Das vom Fremdvergleich abweichende Verhalten der Kapitalgesellschaft und ihres Gesellschafters indiziert somit die Veranlassung der Zuwendung im Gesellschaftsverhältnis und damit für eine vGA.[7] In der Regel handelt es sich um Austauschverträge, bei denen die Leistung der Kapitalgesellschaft die Gegenleistung des Gesellschafters übersteigt.[8] Dieser sog. Fremdvergleich ist demnach von besonderer Bedeutung für die Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung. Innerhalb dieses Fremdvergleichs hat die Rechtsprechung das Merkmal der "Üblichkeit" als Hilfskriterium zur Prüfung herangezogen.[9] Die Unüblichkeit sei ein Indiz für die fehlende Ernsthaftigkeit der Vereinbarung.[10] Nach Auffassung des BFH ist aber die Unüblichkeit der Zuwendung eines Vermögensvorteils weder ein (ungeschriebenes) gesetzliches Tatbestandsmerkmal der vGA noch ein Element der von der Rechtsprechung entwickelten Definition der vGA. Sie ist lediglich ein als Indiz wirkendes Kriterium bei der Prüfung, ob eine Vereinbarung dem Fremdvergleich standhält. Die Unüblichkeit einer Vereinbarung lässt daher nicht stets den Schluss zu, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte sie mit einem Nichtgesellschafter nicht abgeschlossen. Jedoch sind im Einzelfall überzeugende betriebliche Gründe vom Steuerpflichtigen plausibel darzulegen.[11]

 

Rz. 1838

Die gesellschaftsrechtliche Veranlassung setzt voraus, dass der Vermögensvorteil einem Gesellschafter zugewandt wird. Der unmittelbaren Zuwendung an einen Gesellschafter gleichgestellt ist die Zuwendung des Vorteils an eine dem Gesellschafter nahe stehende Person. Dabei setzt die vGA im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung nicht mehr voraus, dass mit der Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahe stehende Person auch eine Vorteilszuwendung an den Gesellschafter verbunden sein muss.[12] Zur Begründung des "Nahestehens" reicht jede Beziehung zwischen dem Gesellschafter und einem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst. Solche Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder rein tatsächlicher Art sein.

 

Rz. 1839

Bei verdeckten Gewinnausschüttungen an beherrschende Gesellschafter/Anteilseigner (Mehrheit der Stimmrechte) werden vor der Prüfung der Angemessenheit der Geschäftsbeziehungen die formellen Voraussetzungen für die Rechtsbeziehungen geprüft (zweite Fallgruppe der vGA). Der Grund hierfür ist, dass ein beherrschender Gesellschafter/Anteilseigner aufgrund fehlender Interessensgegensätze die Möglichkeit hat, für seine Leistungen einen schuldrechtlichen oder gesellschaftsrechtlichen Ausgleich zu suchen. Daher muss der beherrschende Gesellschafter, um klare Verhältnisse zu schaffen, mit der Gesellschaft im Voraus vereinbaren, wie die Leistungsbeziehung ausgestaltet werden soll. Aufgrund dieser Sonderrechtsprechung wird eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis auch dann angenommen, wenn es an einer zivilrechtlich wirksamen, klaren und im Voraus geschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe die Kapitalgesellschaft ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters/Anteilseigners erbringt.[13] Die zivilrechtliche Unwirksamkeit eine...

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