Leitsatz
1. Ein Veräußerungsgewinn aus dem Wegfall eines negativen Kapitalkontos in Folge der Auflösung einer KG ist auch im Anwendungsbereich des § 52 Abs. 33 Satz 3 EStG (nunmehr § 52 Abs. 24 Satz 3 EStG) erst in dem Zeitpunkt realisiert, in dem feststeht, dass das negative Kapitalkonto nicht mehr durch Gewinne oder Einlageforderungen aufgefüllt werden kann.
2. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses abzulehnen, wenn die zu berichtigende Feststellung nicht entscheidungserheblich war.
Normenkette
§ 16, § 15a, § 52 Abs. 24 Satz 3, Abs. 33 Satz 3 EStG, § 15a, § 31 Abs. 10 BerlinFG, § 107 FGO
Sachverhalt
Ein 1980 gegründeter Immobilienfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG hatte öffentlich geförderte Wohnungen in Berlin errichtet und erhöhte Abschreibungen nach dem BerlinFG in Anspruch genommen. Dadurch erwirtschaftete er hohe Verluste, die bei den Kommanditisten zu negativen Kapitalkonten führten. Im Jahr 2006 kam es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, in dessen Verlauf im Jahr 2008 und 2009 jeweils eines der beiden Grundstücke des Fonds veräußert wurden.
Das FA erließ für das Jahr 2008 einen Gewinnfeststellungsbescheid, in dem die laufenden Einkünfte mit 0 EUR, zusätzlich aber ein tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn i.H.d. negativen Kapitalkonten der Kommanditisten festgestellt wurden. Ein Kommanditist wandte sich gegen die Auflösung seines negativen Kapitalkontos mit der Begründung, es habe 2008 noch nicht festgestanden, dass nicht durch die noch ausstehende Veräußerung des zweiten Grundstücks ein Gewinn hätte erzielt werden können.
Das FG stimmte dieser Argumentation zu und gab der Klage statt (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.12.2014, 15 K 15155/14, Haufe-Index 7714961).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Zwar könne der Wegfall der Gewinnerzielungsmöglichkeit nach von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Nachversteuerung eines negativen Kapitalkontos führen. Seien jedoch die Voraussetzungen der gesetzlichen Regelungen zur Nachversteuerung bei Auflösung der Gesellschaft bzw. Ausscheiden des Gesellschafters erfüllt, gingen diese den Rechtsprechungsgrundsätzen vor. Der Zeitpunkt der Nachversteuerung hänge dann von der Entstehung des Aufgabe- oder Veräußerungsgewinns ab, der frühestens im Zeitpunkt der Auflösung oder des Ausscheidens anfallen könne.
Hinweis
1. Die Frage, was mit einem negativen Kapitalkonto eines Kommanditisten geschieht, wenn die Gesellschaft aufgelöst wird oder wenn der Kommanditist aus der Gesellschaft ausscheidet, wird von § 15a EStG nicht beantwortet. Dort ist lediglich geregelt, dass die Verluste, die zur Entstehung des negativen Kapitalkontos oder zu dessen Erhöhung geführt haben und deshalb nicht ausgleichsfähig, sondern nur verrechenbar mit späteren Gewinnen sind, spätestens mit einem Veräußerungs- oder Aufgabegewinn verrechnet werden und im Fall sog. vorgezogener Einlagen im Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe des Mitunternehmeranteils oder des Betriebs der Gesellschaft zum Ausgleich mit anderen Einkünften dienen können (§ 15a Abs. 2 Satz 2 EStG).
Vorausgesetzt ist dabei, dass bei Beendigung der Mitunternehmerstellung ein Gewinn i.H.d. negativen Kapitalkontos entsteht, soweit der Kommanditist wie üblich keine Zahlungen mehr darauf erbringen muss. An versteckter Stelle des Gesetzes lässt sich dieses Verständnis des Gesetzgebers erkennen, denn in § 52 Abs. 24 Satz 3 EStG wird geregelt, dass der dabei entstehende Gewinn ein solcher i.S.d. § 16 EStG ist. Diese Regelung ist in den Anwendungsvorschriften untergebracht worden, weil sie nur Gewinne betrifft, die aus der Auflösung eines negativen Kapitalkontos resultieren, das zu ausgleichsfähigen Verlusten geführt hat, wozu es insbesondere vor Einführung des § 15a EStG kam.
Im heutigen Normalfall entstehen lediglich verrechenbare Verluste, die betragsmäßig grundsätzlich dem negativen Kapitalkonto entsprechen. Die Verrechnung der Verluste führt deshalb insoweit zur vollen Kompensation des Gewinns aus dem Wegfall des negativen Kapitalkontos.
2. Im Urteilsfall ging es allerdings um einen der heute seltenen Ausnahmefälle, in denen ein negatives Kapitalkonto durch ausgleichsfähige Verluste entstanden war (ebenso in zwei Parallelverfahren: BFH, Urteil vom 30.3.2017, IV R 3/15, BFH/NV 2017, 1019 und BFH, Urteil vom 30.3.2017, IV R 4/15, BFH/NV 2017, 1023).
a) Nach dem früheren BerlinFG konnten erhöhte Abschreibungen in Anspruch genommen werden, was deshalb besonders attraktiv war, weil Verluste aus der Inanspruchnahme dieser AfA auch dann ausgleichsfähig waren, wenn sie zur Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos führten (§ 15a BerlinFG). Konsequenterweise muss dann ein Gewinn aus dem Wegfall des negativen Kapitalkontos bei Beendigung der Mitunternehmerstellung voll besteuert werden.
b) Hier hatte eine Betriebsaufgabe der KG im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren stattgefunden, die im Aufgabezeitpunkt auch zur Realisierung des Gewinns aus der Aufdeckung des nega...