Leitsatz
1. Räumt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Aktienoptionen als Ertrag der Arbeit ein, sind damit zusammenhängende Aufwendungen des Arbeitnehmers erst im Jahr der Verschaffung der verbilligten Aktien zu berücksichtigen (Fortführung der Rechtsprechung im Senatsurteil vom 20.3.2001, VI R 105/99, BFH-PR 2001, 336, BStBl II 2001, 689).
2. Verfällt das Optionsrecht, sind die Optionskosten im Jahr des Verfalls als vergebliche Werbungskosten abziehbar.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Die verheirateten Kläger wurden im Streitjahr 1999 zusammen zur ESt veranlagt. Der Kläger war in leitender Stellung bei der Firma X-AG (Arbeitgeber) beschäftigt. Am 30.6.1997 machte er von dem Angebot des Arbeitgebers Gebrauch, Aktienoptionsscheine mit Bezugsrecht auf Aktien im Nennbetrag von je 50 DM zu erwerben, und erhielt 5.440 Stück Optionsscheine zum Preis von je 20 DM (insgesamt 108.800 DM).
Die Option war zunächst bis zum 1.6.1999 befristet. Da zu diesem Zeitpunkt der Kurs der Aktie unter dem vereinbarten Bezugspreis (190 DM) lag, wurde die Laufzeit der Option bis zum 30.11.1999 verlängert. Der Kläger machte auch zu diesem Zeitpunkt von seinem Bezugsrecht keinen Gebrauch und ließ damit das Optionsrecht verfallen, weil der Aktienkurs nach wie vor unter dem vereinbarten Bezugspreis lag. Eine Rückgabemöglichkeit nicht genutzter Optionsscheine war vertraglich ausgeschlossen.
Das FA ließ die Aufwendungen des Klägers für den Erwerb der Optionsrechte i.H.v. 108.800 DM nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zum Abzug zu. Das FG wies die Klage ab (EFG 2005, 191).
Entscheidung
Die Revision der Kläger war erfolgreich. Sie führte zur antragsgemäßen Herabsetzung der ESt. Denn die Optionskosten verminderten als vergebliche Werbungskosten die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit. Ein geldwerter Vorteil aus einer Aktienüberlassung errechne sich aus der Differenz zwischen dem üblichen Endpreis der Aktien am Verschaffungstag und den diesbezüglichen Aufwendungen des Arbeitnehmers (BFH, Urteile vom 19.12.2006, VI R 136/01, BFH-PR 2007, 179 und in BFH-PR 2001, 336). Zu den Aufwendungen zähle auch der jeweilige Optionspreis. Komme es nicht zu einer Aktienüberlassung bzw. verfielen die Optionen, so seien die Optionskosten als vergebliche Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Vergeblichkeit des Aufwands habe sich hier im Streitjahr 1999 herausgestellt.
Hinweis
1. Der BFH konnte im Streitfall zunächst auf seine gefestigte Rechtsprechung Bezug nehmen. Danach führt der Vorteil aus einem für Dienstleistungen gewährten Aktienoptionsprogramm erst in dem Zeitpunkt zum Lohnzufluss, in dem die Ansprüche aus den Optionsrechten erfüllt werden (sog. Endbesteuerung; vgl. hierzu BFH, Urteile vom 20.6.2001, VI R 105/99, BFH-PR 2001, 336; vom 23.6.2005, VI R 124/99, BFH-PR 2005, 367, zu Wandelschuldverschreibungen; vom 23.6.2005, VI R 10/03, BFH-PR 2005, 368 zu Wandeldarlehen).
2. Geklärt war durch die Rechtsprechung auch, dass die durch die Ausübung der Optionen veranlassten Aufwendungen Einfluss auf die Höhe des Vorteils haben. Allerdings brauchte sich der BFH bisher nicht zur Frage des Abflusszeitpunkts optionsbedingter Aufwendungen zu äußern. Dies deshalb, weil die Aktienoptionen entweder unentgeltlich eingeräumt worden waren (z.B. im Urteil in BFH-PR 2001, 336,) oder weil Aufwendungen erst bei Ausübung der Option (Erwerb der Aktien) getätigt und zu diesem Zeitpunkt in die Berechnung des geldwerten Vorteils eingegangen waren.
3. In der Besprechungsentscheidung stritten die Beteiligten darüber, ob Aufwendungen für die Einräumung nicht handelbarer, jedoch verfallener Aktienoptionsrechte bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit als Werbungskosten in Abzug gebracht werden können, obgleich die diesbezüglichen Aufwendungen bereits in früheren Jahren getätigt worden waren.
Da es bei der Endbesteuerung erst mit Ausübung der Option zum Lohnzufluss und damit zur Besteuerung kommt, ist als geldwerter Vorteil aus der Aktienüberlassung der Unterschiedsbetrag zwischen dem üblichen Endpreis der Aktien am Verschaffungstag und den diesbezüglichen Aufwendungen des Arbeitnehmers anzusetzen. Bedingt diese Ermittlung des geldwerten Vorteils die Berücksichtigung der durch die Aktienüberlassung veranlassten Aufwendungen, so sind diese Aufwendungen auch erst im Zeitpunkt der Aktienüberlassung abziehbar. Nur diese einheitliche, veranlassungsbezogene Wertung des Zuflusses der Einnahmen und der steuerlichen Berücksichtigung der Ausgaben gewährleistet die zutreffende Erfassung der Vorteile aus der Aktienüberlassung, weil Einnahmen und Ausgaben gemeinsam die steuerliche Leistungsfähigkeit ausmachen.
4. Sind demnach die Zahlungen auf die Optionsrechte wie Anschaffungskosten der Aktien zu beurteilen, so sind sie auch als verlorene Aufwendungen abziehbar, wenn das Anschaffungsgeschäft nicht zustande kommt. Maßgeblich dafür ist der Zeitpunkt, in dem die Vergeblichkeit der Aufwendungen deutlich wi...