Rz. 72

Abnutzbare Gegenstände des Anlagevermögens werden sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz regelmäßig mit den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet. Als fortgeführte Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind die um planmäßige Abschreibungen verminderten historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (= Restbuchwert) zu verstehen (§ 253 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 HGB). Eine explizite Erwähnung dieses Begriffs erfolgt im Handelsbilanzrecht allerdings nicht. Im Steuerbilanzrecht taucht dieser Begriff ohne Definition in § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG auf.

 

Rz. 73

Bei den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt es sich demzufolge um Werte, die auf einer vergangenheitsbezogenen Basis beruhen und um – ebenfalls in der Vergangenheit festgelegte – Abschreibungen vermindert wurden. Damit wären bei enger Auslegung des Begriffs "Zeitwert" die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht als Zeit- oder Tageswert einzuordnen. Andererseits lassen sich bei etwas weiterer Auslegung des Zeitwertbegriffs auch diese Werte unter den Zeitwert subsumieren, da die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten

  • eine realitätsnahe Schätzung des Zeitwerts sind, weil die planmäßigen Abschreibungen dem tatsächlichen Werteverzehr entsprechen müssen, und
  • durch Anpassung des Abschreibungsplans an einen veränderten – ursprünglich nicht erwarteten – Werteverzehr auch einer aktuellen Bewertung zugänglich sind.

Deshalb müssen die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zumindest dann als Zeitwert und nicht als Vergangenheitswert betrachtet werden, wenn aus zukünftigen Daten gewonnene Werte ebenfalls als Zeitwert (und nicht als Zukunftswert) bezeichnet werden.

 

Rz. 74

Die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten werden im Rahmen der bilanzsteuerrechtlichen Teilwertermittlung als Wertobergrenze für die Bestimmung des Teilwerts herangezogen.[1]

Nach § 253 Abs. 1 HGB sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Der Erfüllungsbetrag einer Geldschuld ist der im Fälligkeitszeitpunkt aufzuwendende Geldbetrag. Handelt es sich um eine Sachschuld, so umfasst der Erfüllungsbetrag alle voraussichtlich zu tätigenden Aufwendungen, um die Sachschuld zu begleichen.

 

Rz. 75

vorläufig frei

[1] Vgl. EStH 6.7, Teilwertvermutung; dieser Hinweis geht – auf ein BFH-Urteil zum Bewertungsrecht bezugnehmend – nur von einer linearen Abschreibung aus. Jedoch sollte m. E. im Bilanzsteuerrecht auch jede GoB-konforme und einkommensteuerrechtlich zulässige Abschreibungsmethode zur Anwendung kommen können.

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