Prof. Dr. Sven Reinecke, Dipl.-Kffr. Jasmin Eberharter
Das operative Marketingcontrolling (s. Abb. 8) bezieht sich primär auf die vier klassischen Marketinginstrumente: Marktleistungs- und Preisgestaltung, Kommunikation und Distribution.
Abb. 8: Einsatz operativer Marketingcontrollinginstrumente
Traditionelle und kostengünstige Verfahren im Fokus
Die Ergebnisse zeigen, dass im instrumentellen Bereich nachvollziehbarerweise das traditionell teuerste Marketinginstrument, der persönliche Verkauf, intensiv kontrolliert wird. Ferner wird eher auf traditionelle Verfahren gesetzt: Preis-, Produkt- oder Servicequalitätsanalysen finden nach wie vor regelmäßige Beachtung in der betriebswirtschaftlichen Praxis.
Die Kommunikationsforschung wird dagegen nicht sehr intensiv eingesetzt, was wahrscheinlich auf
- die relativ hohen Kosten,
- die erforderliche Methoden(beurteilungs)kompetenz sowie
- grundsätzliche Vorbehalte gegenüber der Möglichkeit eines Kommunikationscontrollings
zurückzuführen ist. Werbepretests werden lediglich von 14,7 % der befragten Unternehmen regelmäßig eingesetzt, Posttests nur von 16,7 %. Bedenkenswert ist, dass nur 23,7 % ein regelmäßiges Kommunikationstracking durchführen – zumal ein unregelmäßiges Tracking nicht zielführend und somit kaum sinnvoll ist.
Es zeigt sich somit, dass lediglich jene Instrumente des Marketingcontrollings stark zum Einsatz kommen, die ohnehin häufig aus Standardmarktforschungsstudien, aus dem Qualitätsmanagement oder aus finanzwirtschaftlichen Routinereports vorliegen. Auch werden kaum spezifische Maßnahmen zum Controlling des Marketing- bzw. Media-Mix getroffen. Gerade dies wäre allerdings in Zeiten integrierter Kommunikation und Cross-Media-Kampagnen erforderlich.
Standardauswertung versus kundenorientiertes Marketing
Instrumente des Kosten- und Erfolgscontrollings haben einen direkten finanzwirtschaftlichen Bezug. Wie Abb. 9 zeigt, gehören
aus der Sicht der befragten Führungskräfte zu den Standardinstrumenten. Diese Instrumente des Marketing-Accountings standen noch vor 20 Jahren im Zentrum des Marketingcontrollings, weil sie einen zentralen Informationsengpass betrafen. Heutzutage liefern die informationstechnischen Controllinglösungen weitgehend zufriedenstellende Standardauswertungen. Dennoch offenbart sich eine gewisse Lücke: Die Marketingplanung ist in den letzten Jahren deutlich kunden(gruppen)orientierter geworden. Dennoch werden kundenorientierte Deckungsbeitragsrechnungen bei deutlich weniger als der Hälfte der Unternehmen regelmäßig eingesetzt. Dies lässt auf erhebliche Defizite des Marketing-Accountings schließen. Wie lässt sich kundenorientiertes Marketing planen und umsetzen, wenn das Controlling keine Informationen darüber liefert, welches die tatsächlich rentablen Kunden(gruppen) eines Unternehmens sind?
Abb. 9: Einsatz finanzorientierter Marketingcontrollinginstrumente
Für die in letzter Zeit intensiv diskutierten Markenwertberechnungen (13,1 %) scheint dagegen ebenso wie für Customer-Lifetime-Value-Analysen noch viel an Überzeugungsarbeit geleistet werden zu müssen. Anscheinend fehlt hier noch ein verlässlicher Methodenstandard, der den Anforderungen der Praxis gerecht wird. Positiv überrascht dagegen der von den Befragten angegebene relativ starke Einsatz von Prozesskostenrechnung und Target Costing.
Innovative Methoden kommen zu kurz
Insgesamt scheint es im Marketingcontrolling eine Tendenz zu traditionellen, "bewährten" Methoden zu geben. Neuere und methodisch anspruchsvollere Verfahren werden scheinbar als riskant, zu aufwendig oder zu teuer erachtet oder aber es fehlt in der Unternehmenspraxis noch das entsprechende Know-how. Dennoch sind es gerade diese innovativen Marketingcontrollinginstrumente, welche eine Quantifizierung und Monetarisierung von Marketingmaßnahmen ermöglichen und Unternehmen dem Ziel einer wertorientierten Marketingführung näher bringen würden.