Prof. Dr. Sven Reinecke, Dipl.-Kffr. Jasmin Eberharter
Zusammenfassung
Die Relevanz des Themas Marketing-Controlling in der Praxis ist unbestritten: Gerade in wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten müssen Marketingführungskräfte die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Einsatzes des Marketingbudgets nachweisen.
Wissenschaftler aus den Bereichen Marketing und Controlling haben insbesondere in den vergangenen Jahren zahlreiche Vorschläge für ein wirkungsvolles Marketingcontrolling entwickelt. Dennoch scheint eine große Diskrepanz zwischen theoretisch-konzeptioneller Entwicklung einerseits und ihrer Umsetzung in der unternehmerischen Praxis andererseits zu bestehen.
Der Beitrag zeigt, welche Instrumente, Verfahren und Kennzahlen des Marketingcontrollings in der Praxis tatsächlich eingesetzt werden. Daraus wird abgeleitet, in welchen Bereichen noch Implementierungsprobleme existieren und bezüglich welcher Aspekte weiterer Forschungsbedarf im Marketingcontrolling besteht.
1 Marketingcontrolling 2010
Insbesondere in Krisenzeiten gerät die Marketingfunktion immer stärker unter Rechtfertigungsdruck: Marketingführungskräfte müssen die Effektivität und die Effizienz des Marketings belegen und benötigen hierfür Instrumente und Methoden. Am Anfang dieses Beitrags steht deshalb die kritische Analyse des aktuellen Status des Marketingcontrolling s in der betriebswirtschaftlichen Praxis:
- Wie hoch ist die Zufriedenheit mit dem Marketingcontrolling?
- Welches sind die zentralen Herausforderungen, die im Rahmen des Marketingcontrollings zu bewältigen sind?
- In welchem Ausmaß stehen dem Marketingcontrolling die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung, um seinen Aufgaben Rechnung zu tragen?
- Verlangt die Unternehmensleitung einen Nachweis der Effektivität und Effizienz von Marketingmaßnahmen sowie der Gesamtfunktion "Marketing"?
- Wie wird das Marketingcontrolling dieser Nachweispflicht gerecht und welche Instrumente werden genutzt?
- Zusammengefasst: Wie ist der derzeitige Stand des Marketingcontrollings in der Praxis?
Um diese Fragen zu beantworten, hat das Institut für Marketing an der Universität St. Gallen eine Umfrage durchgeführt. Für die Studie wurden insgesamt 3.904 Manager im deutschsprachigen Raum per E-Mail kontaktiert und gebeten, an einer standardisierten schriftlichen Online-Befragung teilzunehmen. Während des Erhebungszeitraums (Februar/März 2010) füllten 516 Probanden den Fragebogen aus, sodass die Nettorücklaufquote bei rund 13,0 % lag. Dies kann als sehr zufriedenstellend bewertet werden.
Die meisten Befragten bekleiden eine leitende Funktion in ihrem Unternehmen: Geschäftsführer, Marketingleiter und Aufsichts- bzw. Verwaltungsräte machen insgesamt 56,5 % der Befragten aus. Die restlichen 43,5 % setzen sich u. a. aus Verkaufs-, Werbeleitern und Controllern zusammen. 33,4 % der befragten Unternehmen sind ausschließlich national tätig, 66,6 % der Unternehmen agieren auf internationalen Märkten. 35 % der Unternehmen beschäftigen 500 oder mehr Mitarbeiter, 32 % zwischen 50 und 499 Mitarbeiter und 33 % der Unternehmen beschäftigen weniger als 50 Mitarbeiter. Die Stichprobe umfasst ein breites Branchenspektrum, wobei der Großteil der befragten Unternehmen im Dienstleistungsbereich tätig ist (49,7 %). Die andere Hälfte der Probanden verteilt sich auf die Branchen Industriegüter (19 %), Handel und Distribution (17 %) sowie Konsumgüter (13 %). Die Studie erhebt keinen Anspruch auf vollständige Repräsentativität für den deutschsprachigen Raum, auch wenn die Stichprobenstruktur der mittelständisch geprägten Wirtschaftslandschaft weitgehend entspricht.
2 Stand des Marketingcontrollings in der Praxis
2.1 Status des Marketings
Die Notwendigkeit, den "Return on Marketing" (ROM) an das Top-Management zu berichten bzw. die Marketingeffizienz zu belegen, polarisiert stark. Bei einigen Unternehmen ist sie sehr hoch, bei anderen gar nicht ausgeprägt. Andererseits kann festgestellt werden, dass in den letzten drei Jahren die Pflicht, die Effizienz des Marketings nachzuweisen, im Unternehmen deutlich gestiegen ist (s. Abb. 1).
Abb. 1: Marketingwahrnehmung zwischen Aufwand und Investition
Marketing: Investition oder Aufwand?
Die Marketingleitung schreibt dem Marketing mit großer Mehrheit einen Investitionscharakter zu; das Top-Management der befragten Unternehmen sieht dies jedoch deutlich anders und nimmt Marketing relativ häufig primär als Aufwand wahr. Für das Marketingmanagement kann dies als eindeutige Handlungsaufforderung betrachtet werden: Wenn Marketing eine Wert stiftende Funktion attestiert werden soll, so muss diese auch (finanzwirtschaftlich) nachgewiesen werden. Dafür ist es erforderlich, geeignete Instrumente zur Erfassung von Effektivität und Effizienz der verschiedenen Marketingmaßnahmen im Unternehmen einzusetzen. Ohne solides Marketingcontrolling fehlt die Basis, um Marketing einen betriebswirtschaftlichen Investitionscharakter zuzuschreiben.
2.2 Zufriedenheit mit dem Marketingcontrolling
Mäßige Zufriedenheit
Aufgabe des Marketingcontrollings ist es, die Effektivität (Wirksamkeit) und die Effizienz (Wirtschaftlichkeit, Output-/Input-Betrachtung) des Marketingmanagements sicherzustellen. Die Zufriedenheit mit dem Marketingcontrolling ist allerdi...