Prof. Dr. Sven Reinecke, Dipl.-Kffr. Jasmin Eberharter
Unzufriedenheit durch mangelnde Messbarkeit und unzureichende Informationen
Unternehmensvertreter sehen Marketing zwar grundsätzlich eher als Investition denn "lediglich" als Aufwand. Dennoch sind Führungskräfte mit dem Marketingcontrolling tendenziell eher unzufrieden, obwohl dieses eine wesentliche Basis für ein Sicherstellen von Effektivität und Effizienz im Marketing ist. Dieser Sachverhalt führt zu der Annahme, dass Marketing nur sehr oberflächlich als Investition ausgegeben wird, in der Realität aber noch ein langer Weg zu einem wertorientierten Marketingmanagement bewältigt werden muss. Ursprung der Unzufriedenheit mit dem Marketingcontrolling scheinen die mangelnde Messbarkeit des Erfolgs von Marketingmaßnahmen, die unzureichende Informations- und Datenbasis sowie fehlende Fachkenntnisse zu sein.
Problem finanzielle und personelle Ressourcen
In den letzten drei Jahren ist die Nachweispflicht des "Return on Marketing" gegenüber dem Top-Management deutlich gestiegen. Das Berichtswesen ist allerdings noch stark geprägt von einem traditionellen, stark produktorientierten finanzwirtschaftlichen Controlling. Der Einsatz prospektiver, kunden- und wertorientierter Accounting-Verfahren wie beispielsweise Customer-Value-Analysen sowie eines differenzierten, auf Marktforschung beruhenden Kommunikationscontrollings ist aufgrund der finanziellen und personellen Ressourcenbasis kaum realisierbar.
Investition ins Marketingcontrolling notwendig
Hier erscheint ein Umdenken erforderlich: Forderungen nach einem verbesserten Reporting an das Top-Management haben wenig Sinn, wenn diese nicht durch den Aufbau von Fach- und Methodenkompetenz begleitet werden. Planung ohne Controlling ist nur beschränkt sinnvoll – somit erscheint es angebracht, einen Mindestanteil des Marketingbudgets für eine Professionalisierung im Marketingcontrolling zu investieren, sofern auch hier vorgängig etwaige Effizienzreserven ausgeschöpft worden sind. Eine gewisse Investition knapper Marketingmittel zur Evaluation von Möglichkeiten zur Steigerung der Marketingeffektivität und -effizienz ist insbesondere dort sinnvoll, wo bisher weitgehend auf Feedback im Sinne eines Lernprozesses verzichtet wurde.
Handlungsbedarf besteht insbesondere bezüglich:
- der Professionalisierung der Marketingbudgetierung: Unternehmen sollten das Marketingbudget nicht primär prozentual vom Umsatz oder durch Fortschreibung bisheriger Budgets bestimmen, sondern vielmehr eindeutige Marketingereignisse und -ziele definieren (beispielsweise "Steigerung des ungestützten Bekanntheitsgrads bei der Zielgruppe der Jugendlichen um 5 Prozentpunkte im nächsten Jahr" oder "Erreichen eines Umsatzanteils von Neuprodukten von insgesamt 20 % binnen der nächsten 2 Jahre"). Darauf aufbauend sind die entsprechenden Marketingmaßnahmen, die erforderlich sind, um diese Ziele zu erreichen, festzulegen und zu budgetieren.
- der Optimierung des Kommunikationscontrollings: Für jede zentrale Kommunikationsmaßnahme (z. B. Direct Mail, Messestand, Werbekampagne) sollten vorgängig klare Ziele gesetzt werden (z. B. erwarteter Rücklauf, Besuchsfrequenz, Image- und Bekanntheitsgrad). Diese Ziele sollten nachgängig mittels Marktforschung gemessen werden und Gründe für etwaige Abweichungen (sowohl positive als auch negative) analysiert werden, um daraus für die nächsten Kommunikationsmaßnahmen zu lernen. Beispielsweise steigern Unternehmen wie Procter & Gamble und Dell die Prozesseffektivität und -effizienz durch Benchmarking erheblich. Zusätzlich sollte bei aufwendigen Kommunikationsmaßnahmen zumindest das Verständnis der Werbebotschaft bei der Zielgruppe mittels Pretests geprüft werden.
- des kunden(gruppen)orientierten Marketing-Accountings: Auch wenn die Finanzsysteme der meisten Unternehmen auf Produkte bzw. Aufträge als Kostenträger ausgerichtet sind, so ist es insbesondere für Unternehmen in Beziehungsgeschäften unerlässlich, das Accounting vollumfänglich auch auf Kunden und Kundengruppen auszurichten. Eine mehrstufige Kundendeckungsbeitragsrechnung muss heutzutage als selbstverständliche Grundlage für ein professionelles Marketingmanagement angesehen werden.
Diese Maßnahmen würden die Wert- und Zielorientierung des Marketings sowie die Zufriedenheit der Führungskräfte mit dem Marketingcontrolling bereits deutlich erhöhen.