Leitsatz
1. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil Hamamatsu Photonics Deutschland vom 20.12.2017 – C‐529/16, EU:C:2017:984, ZfZ 2018, 68) lassen es die Art. 28 bis 31 ZK nicht zu, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird.
2. Dies gilt auch für die Wertermittlung nach der Schlussmethode gemäß Art. 31 ZK. Denn steht im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nicht fest, ob am Ende des Abrechnungszeitraums überhaupt eine Berichtigung vorzunehmen sein wird und ob, falls dies der Fall ist, die Berichtigung nach oben oder nach unten zu erfolgen hat, dann ist ein demzufolge erst noch zu ermittelnder Warenwert im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nicht i.S. von Art. 8 Abs. 3 des Übereinkommens zur Durchführung des Art. VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 quantifizierbar.
Normenkette
Art. 28, Art. 29, Art. 30, Art. 31, Art. 78 Abs. 1, Art. 201, Art. 214 Abs. 1, Art. 236 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK, Art. 143 Abs. 1, Art. 145 Abs. 2, Art. 148, Art. 878 ff. ZKDVO, Art. 8 Abs. 3 Übereinkommen zur Durchführung des Art. VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994
Sachverhalt
Die Klägerin gehört zu einem weltweit tätigen Konzern und ist eine Tochtergesellschaft der H, Japan. Vom 17.10.2009 bis zum 30.9.2010 führte die Klägerin mehr als 1.000 Sendungen verschiedenster Waren von der H ein, die sie beim HZA zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigen ließ. Als Zollwert meldete die Klägerin die ihr von der H jeweils in Rechnung gestellten Preise an.
Im Jahr 2012 beantragte die Klägerin beim HZA die Erstattung von Zöllen für die im streitigen Zeitraum eingeführten Waren i.H.v. insgesamt … EUR. Sie verwies auf ein zwischen ihr und der H geschlossenes sog. Advance Pricing Agreement (APA) für Transaktionen auf steuerlichem Gebiet und teilte mit, dass die aufgrund des APA durchgeführten Anpassungen der Verrechnungspreise bei der Anmeldung der Waren zur Verzollung nicht berücksichtigt worden seien und dass sie dies hiermit nachhole.
Das APA hatten die Klägerin und die H bereits im Jahr 2009 im Rahmen eines Verständigungsverfahrens nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und bei einigen anderen Steuern – ohne Beteiligung der Zollbehörden – geschlossen. Das APA erfasste den Verkauf von Endprodukten und Bauteilen von der H an die Klägerin sowie sonstige Geschäftsvorfälle, die mit dem Warenverkehr in Verbindung standen.
Das HZA lehnte die Erstattung ab. Das FG rief den EuGH an. Dieser entschied mit Urteil vom 20.12.2017, C-529/16, Hamamatsu Photonics Deutschland (EU:C:2017:984). Das FG wies die Klage daraufhin ab (FG München, Urteil vom 15.11.2018, 14 K 2028/18, Haufe-Index 12578432). Das HZA habe zu Recht auf der Grundlage des unterjährig angemeldeten Verrechnungspreises nach Art. 29 ZK den Zollwert ermittelt und eine anteilige Erstattung des Zolls abgelehnt.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
1. In der Vergangenheit gab es eine Vielzahl von Veröffentlichungen zum Zusammenspiel von Zoll und Verrechnungspreisen. Anlass war der vom EuGH entschiedene Fall Hamamatsu, der im Streitfall nunmehr seinen (vorläufigen) Abschluss gefunden hat. Vereinfacht gesagt geht es um die Auswirkungen von (ertragsteuerlich relevanten) Verrechnungspreisanpassungen auf den Zollwert.
2. Dieser Zollwert wird punktuell im Zeitpunkt der Abfertigung – bezogen auf eine bestimmte Ware – ermittelt (Art. 28 bis 31 ZK). Dagegen erfolgt die Korrektur eines Verrechnungspreises auf der Grundlage eines Advance Pricing Agreement (APA) erst nach Ende des Geschäftsjahres. Das Interesse der Zollbehörden richtet sich auf einen hohen Zollwert, weil die Zolleinnahmen entsprechend höher ausfallen. Dagegen mindert eine Anpassung des Verrechnungspreises nach unten die Betriebsausgaben und erhöht dadurch den ertragsteuerlichen Gewinn, was im Interesse der Finanzbehörden liegen dürfte. Schließlich wird der Zollwert auf ein einzelnes Geschäft bezogen, wohingegen Verrechnungspreise regelmäßig als Mittelwert für eine Vielzahl von Geschäften gebildet werden.
3. Das FG München (EuGH-Vorlage vom 15.9.2016, 14 K 1974/15, Haufe-Index 9861480) hatte den EuGH dazu befragt, ob es die Zollwertvorschriften (Art. 28ff. ZK) zulassen, dass nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen, die pauschal nach Ablauf eines Abrechnungszeitraums vorgenommen werden, unter Anwendung eines Aufteilungsschlüssels zollwertrechtlich zu berücksichtigen sind, und zwar unabhängig davon, ob die Anpassungen durch eine Gutschrift oder eine Nachbelastung vorgenommen werden. Das EuGH-Urteil vom 20.12.2017, C-529/16H...