Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das Hessische FG ging mir Urteil v. 5.12.2012 der Frage nach, zu welchem Zeitpunkt thesaurierte Zinsen aus Lebensversicherungsverträgen im Falle einer Novation zufließen.
Sachverhalt
Ein Mann schloss im Jahr 1981 eine sog. Bankdarlehen-Tilgungsversicherung mit einer Laufzeit vom 1.7.1979 (rückwirkend) bis zum 1.7.1993 ab. Nachdem er im Rahmen einer Betriebsprüfung darauf hingewiesen wurde, dass der Versicherungsvertrag eine Laufzeit von weniger als 12 Jahren hätte und deshalb die künftigen Erträge aus der Versicherung zu versteuern seien, änderte der Mann den Versicherungsvertrag ab. Beginnend mit dem 1.7.1989 verlängerte er die Laufzeit und Beitragszahlung bis zum 1.7.2001. Ab dem 1.7.1990 wurde die Versicherung (bis zum neuen Laufzeitende) beitragsfrei gestellt.
Am 1.7.2001 flossen dem Mann Zinsen i. H. v. 3,2 Mio. DM zu, sie entfielen auf die Laufzeit vom 1.7.1989 (Beginn der Laufzeitverlängerung) bis zum 1.7.2001. Das Finanzamt erfasste die Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen, der Mann berief sich jedoch auf die Steuerfreiheit von Zinserträgen aus einer Lebensversicherung bei mehr als 12-jähriger Laufzeit (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG 2001) und erklärte, dass die Vertragsverlängerung aus 1989 lediglich eine schlichte Änderung war. Der ursprüngliche Vertrag habe fortbestanden, sodass die Gesamtlaufzeit von 1981 bis 2001 zu betrachten sei (Laufzeit von mehr als 12 Jahren). Im Zuge einer Verböserung besteuerte das Finanzamt im VZ 2001 anschließend auch Zinserträge von 600.000 DM, die für den Zeitraum bis zur Vertragsänderung in 1989 angefallen waren. Hiergegen richtet sich die Klage.
Entscheidung
Das FG entschied, dass das Finanzamt diese Zinsen zu Recht in 2001 besteuert hatte, da sie in diesem Jahr zugeflossen waren. Das Gericht gab dabei folgende grundsätzliche Aspekte zum Zuflusszeitpunkt zu bedenken:
Im Falle der Novation liegt ein Zufluss im Zeitpunkt der Schuldumwandlung vor, wenn der Gläubiger (hätte er sich für eine Auszahlung entschieden) in der Lage gewesen wäre, den Leistungserfolg in Gestalt der Vereinnahmung des gutgeschriebenen Betrags ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeiführen.
Eine zum Zufluss führende Novation kann auch dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige die Wahl zwischen Auszahlung und Wiederanlage durch Vorausverfügung vor der Entstehung und Fälligkeit der Kapitalerträge getroffen hat.
Thesaurierte Zinsen aus einem Lebensversicherungsvertrag fließen dem Steuerpflichtigen bei Vertragsänderungen und Umbuchung der Zinsen nicht zu, wenn der Steuerpflichtige nach den vertraglichen Vereinbarungen rechtlich nicht in der Lage ist, die Auszahlung zu verlangen.
Die Zinsen stellten ferner steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG dar. Die Änderung des Versicherungsvertrags führte nach Auffassung des FG steuerrechtlich zu neuen Verträgen, sodass jeder Vertrag hinsichtlich der Laufzeit separat zu betrachten war. Die Steuerbefreiung für über 12-jährige Laufzeiten kam in der Folge nicht in Betracht.
Hinweis
Es bleibt abzuwarten wie der BFH in dieser Sache entscheiden wird. Das Revisionsverfahren ist unter dem Az. VIII R 66/13 anhängig.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 05.12.2012, 9 K 2235/07