OFD Frankfurt, Verfügung v. 27.2.2014, S 2256 A - 16 - St 224

Zu der Frage der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Eigentumsübertragungen bei Ehescheidungen im Rahmen des Zugewinnausgleichs unter Berücksichtigung des § 23 EStG nehme ich wie folgt Stellung.

Regelmäßig liegt folgender Beispielssachverhalt zugrunde:

Das Ehepaar A und B lebt im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 ff. BGB). Der Ehemann A erwarb im Jahr 2007 für 100.000 EUR ein unbebautes Grundstück zum alleinigen Eigentum, das von ihm seither vermietet wurde. Die Ehe wurde im Jahr 2013 geschieden. Der geschiedenen Ehefrau B stand daraufhin ein Zugewinnausgleichsanspruch gegen A in Höhe von 250.000 EUR zu. Zur Abgeltung dieses Anspruchs übertrug ihr A das Grundstück, das im Übertragungszeitpunkt einen Verkehrswert von 250.000 EUR hatte.

Ich bitte, solche Fälle einkommensteuerrechtlich wie folgt zu behandeln:

Der Zugewinnausgleichsanspruch im Sinne des § 1378 BGB ist eine auf Geld gerichtete persönliche Forderung an den geschiedenen Ehegatten. Im oben genannten Beispielsfall erfüllte A diese (Geld-)Forderung der B, indem er ihr an Erfüllungs statt (§ 364 BGB) das unbebaute Grundstück übertrug.

Wird ein Grundstück von dem Eigentümer (= Steuerpflichtiger) an einen Dritten zur Tilgung einer dem Dritten – gleich aus welchem Rechtsgrund – ihm gegenüber zustehenden Geldforderung an Erfüllungs statt übereignet, handelt es sich dabei um ein Veräußerungsgeschäft durch den Steuerpflichtigen; bei dem Dritten liegt ein entsprechendes Anschaffungsgeschäft vor. Veräußerungserlös bzw. Anschaffungskosten ist der Forderungsbetrag, der mit der Übertragung des Grundstücks an Erfüllungs statt abgegolten wurde.

Mithin hat A das Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach dessen Erwerb im Jahr 2007 wieder veräußert, so dass hier ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliegt. Gründe für ein Absehen von der Besteuerung liegen nicht vor (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).

Der von A zu versteuernde Veräußerungsgewinn beträgt:

Veräußerungserlös 250.000 EUR  
Anschaffungskosten ./. 100.000 EUR  
Gewinn aus § 23 EStG = 150.000 EUR  

Abwandlung I des Beispielssachverhalts:

Die geschiedene Ehefrau B hat einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 250.000 EUR. Das vom geschiedenen Ehemann A im Jahr 2007 für 100.000 EUR angeschaffte Grundstück hat im Jahr 2013 einen Verkehrswert von 300.000 EUR. A und B vereinbaren deshalb neben der Grundstücksübertragung, dass die 50.000 EUR, um die der Grundstückswert den Zugewinnausgleichsanspruch übersteigt, mit Unterhaltsforderungen der B an A verrechnet werden.

Lösung:

Hier werden zwei unterschiedliche Forderungen der B erfüllt: Zum einen der Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 250.000 EUR und zum anderen eine Unterhaltsforderung in Höhe von 50.000 EUR. A veräußert damit das Grundstück für 300.000 EUR.

Der von A zu versteuernde Veräußerungsgewinn beträgt:

Veräußerungserlös 300.000 EUR  
Anschaffungskosten ./. 100.000 EUR  
Gewinn aus § 23 EStG = 200.000 EUR  

Gleichzeitig kann A die durch die Grundstücksübertragung abgegoltenen Unterhaltsforderungen der B im Veranlagungszeitraum der Grundstücksübertragung (= Abflusszeitpunkt) grundsätzlich als Sonderausgaben im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abziehen, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Ich bitte jedoch zu beachten, dass ein Abzug hier nur in Höhe des in § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG genannten Höchstbetrages möglich ist. Dies gilt auch dann, wenn Unterhaltsforderungen mehrerer Jahre verrechnet wurden; hier ist aufgrund des § 11 Abs. 2 EStG ein Sonderausgabenabzug nur im Verrechnungsjahr und nur bis zur Höhe des in § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG genannten Höchstbetrages möglich.

Abwandlung II des Beispielssachverhalts:

Die geschiedene Ehefrau B hat einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 250.000 EUR. Das vom geschiedenen Ehemann A im Jahr 2007 für 100.000 EUR angeschaffte Grundstück hat im Jahr 2013 einen Verkehrswert von 300.000 EUR. A überträgt das Grundstück an B an Erfüllungs statt. Eine Verrechnung der 50.000 EUR, um die der Grundstückswert den Zugewinnausgleichsanspruch übersteigt, mit Unterhaltsforderungen der B an A findet nicht statt.

Lösung:

Um eine Forderung der B in Höhe von 250.000 EUR zu erfüllen, überträgt ihr A ein Grundstück im Wert von 300.000 EUR an Erfüllungs statt. Da die ausgeglichene Forderung wertmäßig unterhalb des Grundstückswertes liegt, handelt es sich um ein teilentgeltliches Geschäft. A hat an B insgesamt 5/6 (= 250/300) des Grundstücks entgeltlich veräußert, da er insofern das Grundstück an Erfüllungs statt an B übertragen hat (Abgeltung des Zugewinnausgleichsanspruchs in Höhe von 250.000 EUR). In Höhe der übersteigenden 50.000 EUR (= 1/6 des Grundstückswerts) hat A das Grundstück unentgeltlich auf B übertragen.

Der von A zu versteuernde Veräußerungsgewinn beträgt:

Veräußerungserlös 300.000 EUR × 5/6 = 250.000 EUR
Anschaffungskosten 100.000 EUR × 5/6 = ./. 83.333 EUR
Gewinn aus § 23 EStG

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