Leitsatz
1. Ein Arbeitnehmer, der die Fertigkeiten für eine land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeit im Rahmen einer Berufsausbildung erlernt hat, gehört zu den Fachkräften, ohne dass es darauf ankommt, ob die durchgeführten Arbeiten den Einsatz einer Fachkraft erfordern.
2. Hat ein Arbeitnehmer die erforderlichen Fertigkeiten nicht im Rahmen einer Berufsausbildung erworben, gehört er nur dann zu den land- und forstwirtschaftlichen Fachkräften, wenn er anstelle einer Fachkraft eingesetzt ist.
3. Ein Arbeitnehmer ist anstelle einer land- und forstwirtschaftlichen Fachkraft eingesetzt, wenn mehr als 25 % der zu beurteilenden Tätigkeit Fachkraft-Kenntnisse erfordern.
Normenkette
§ 40a Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt einen Weinbaubetrieb. Sie unterwarf den Lohn für Aushilfskräfte nach § 40a Abs. 3 EStG dem LSt-Abzug mit einem Pauschsteuersatz von (damals) 3 % und ab 1997 von 5 %.
Nach einer Außenprüfung fordert das FA die Differenz zum Pauschsteuersatz von 20 % nach, weil die Klägerin Fachkräfte beschäftigt habe. Das FG gab der Klage statt.
Entscheidung
Auf die Revision des FA verwies der BFH die Sache an das FG zurück. Das FG habe zwar angenommen, dass die Arbeitnehmer der Klägerin aufgrund ihrer Fähigkeiten in der Lage seien, eine Fachkraft zu ersetzen. Es habe ferner festgestellt, dass der Anteil der Arbeiten, die den Einsatz einer Fachkraft erforderten, in den Streitjahren von untergeordneter Bedeutung (Unschädlichkeitsgrenze) gewesen sei.
Das FG habe jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Arbeitnehmer der Klägerin über eine einschlägige Berufsausbildung verfügten. Sei dies der Fall, komme eine Pauschalierung der LSt nach § 40a Abs. 3 EStG generell nicht in Betracht.
Hinweis
1. Der Arbeitgeber kann bei Aushilfskräften, die in Betrieben der LuF ausschließlich mit typisch land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt werden, die LSt unter Verzicht auf die Vorlage einer LSt-Karte pauschal mit 5 % erheben. Die Begünstigung der Aushilfskräfte ist insoweit sachlich vertretbar, als dadurch die besonderen Verhältnisse in der LuF berücksichtigt werden. Diese bestehen darin, dass für begrenzte Zeiträume zur Durchführung bestimmter saisonaler Arbeiten, z.B. der Ernte, ein erhöhter Personalbedarf besteht.
2. Aushilfskräfte i.S.d. § 40a Abs. 3 EStG sind allerdings nicht Arbeitnehmer, die zu den land- und forstwirtschaftlichen Fachkräften gehören oder die der Arbeitgeber mehr als 180 Tage im Kalenderjahr beschäftigt. Ob ein Arbeitnehmer land- und forstwirtschaftliche Fachkraft ist, hängt von der Art der Tätigkeit und von den Kenntnissen ab, die er zur Verrichtung dieser Tätigkeit erworben hat.
3. Wenn der Arbeitnehmer die Fertigkeiten für die zu beurteilende Tätigkeit im Rahmen einer Berufsausbildung erlernt hat, gehört er zu den Fachkräften, da sich die fachliche Qualifikation hier aus dem objektiv feststellbaren beruflichen Abschluss ableiten lässt. Auf die Anforderungen der konkret wahrgenommenen Tätigkeit kommt es insoweit nicht an.
4. Aber auch ein Arbeitnehmer, der nicht über eine einschlägige Berufsausbildung verfügt bzw. die einschlägigen Kenntnisse und Fähigkeiten anderweitig erworben hat, kann zu den Fachkräften gehören. Liegt eine derartige Berufsausbildung nicht vor, kann regelmäßig nur aus dem konkreten Einsatz, d.h. aus der Art der ausgeübten Tätigkeit auf die Eigenschaft als Fachkraft geschlossen werden. Deshalb hat der BFH einen Arbeitnehmer ohne Berufsausbildung nur dann als Fachkraft i.S.d. § 40a Abs. 3 Satz 3 EStG angesehen, wenn er anstelle einer Fachkraft eingesetzt ist bzw. eine Fachkraft ersetzt. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass im Berufsleben angelernte Arbeiter im Rahmen ihrer besonderen Tätigkeit den Facharbeitern gleichgestellt werden.
Aus der konkret ausgeübten Tätigkeit kann allerdings nur dann auf die Qualifikation als Fachkraft geschlossen werden, wenn sie zu einem nicht unwesentlichen Anteil Fachkraft-Kenntnisse erfordert. Die dafür maßgebliche Grenze sieht der BFH bei 25 % der gesamten zu beurteilenden Tätigkeit des jeweiligen Arbeitnehmers. Zur Begründung hat der BFH insoweit die Unschädlichkeitsgrenze für nicht ganzjährig anfallende land- und forstwirtschaftliche Arbeiten (vgl. § 40a Abs. 3 Satz 2, 2 Halbs. EStG) herangezogen. Der letztgenannten Vorschrift liegt nach Ansicht des BFH eine vergleichbare Wertung zugrunde.
5. Praktische Konsequenz dieser Rechtsprechung: Erfordern mehr als 25 % der Tätigkeit eines Arbeitnehmers Fachkraft-Kenntnisse, ist er auch dann als Fachkraft anzusehen, wenn er nicht über eine entsprechende Berufsausbildung verfügt. In einem solchen Fall beträgt der Pauschsteuersatz anstelle der günstigen 5 % die üblichen 20 %.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.10.2005, VI R 77/02