Prof. Dr. Hans-Friedrich Lange
Leitsatz
Vermittelt ein im Inland ansässiger Unternehmer im Auftrag eines im Drittland ansässigen Unternehmers im eigenen Namen und für eigene Rechnung Mitgliedschaften in Vereinen mit Sitz in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten, so liegt der Ort der Leistung am Sitz des leistenden Unternehmers im Inland.
Normenkette
§ 3a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 UStG 1993, Art. 9 Abs. 1, Art. 28b Teil E Abs. 3 6. EG-RL
Sachverhalt
Streitig war, ob die Vermittlung (Werbung) neuer Mitglieder für Vereine (Tierhilfswerke/Tierschutzvereine) mit Sitz in Österreich und in den Niederlanden der Umsatzbesteuerung in Deutschland unterliegt.
Die Vermittlung erfolgte im Auftrag der in der Schweiz ansässigen X-AG. Die X-AG hatte sich gegenüber den Vereinen zur Werbung von Mitgliedern für die Vereine verpflichtet. Diese Aufgabe hatte die X-AG der im Inland ansässigen Klägerin, einer GmbH, als selbstständiger Handelsvertreterin übertragen.
Für jede vermittelte Mitgliedschaft erlangte die Klägerin gegen die X-AG einen Anspruch auf Erst- sowie Folgeprovisionen bzw. einen prozentualen Vergütungsanspruch auf alle Mitgliedsbeiträge, die bei dem jeweiligen Verein eingingen.
Das FA war der Meinung, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um Leistungen handele, die als sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 1 UStG im Inland steuerbar (und auch steuerpflichtig) seien.
Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, entgegen der Auffassung des FA seien die Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG erfüllt. Im Streitfall habe die Klägerin der in der Schweiz ansässigen X-AG Provisionsumsätze vermittelt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 2.9.2010, 5 K 95/06, Haufe-Index 2529542, EFG 2011, 388).
Entscheidung
Die Revision des FA führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
Der BFH entschied, der Ort der Leistung bestimme sich gem. § 3a Abs. 1 UStG nach dem Unternehmenssitz der Klägerin, der sich in Deutschland befinde.
Die Klägerin habe gegenüber der X-AG im eigenen Namen und für eigene Rechnung sonstige Leistungen i.S.v. § 3 Abs. 9 UStG in Form von Vermittlungsleistungen erbracht. § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG greife nicht ein. Denn die Klägerin habe mit der Vermittlung (Werbung) von Vereinsmitgliedern gegenüber der X-AG keine "Umsätze" i.S. dieser Vorschrift vermittelt. Die Gewährung einer Mitgliedschaft in einem Verein, die eine Beitragspflicht auslöse, stelle keinen Umsatz dar. Insoweit fehle es an einem Leistungsaustausch i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
Zwar habe die erfolgreiche Tätigkeit der Klägerin (auch) dazu geführt, dass dadurch Provisionsansprüche der X-AG gegenüber den Vereinen ausgelöst wurden. Der wesentliche Gehalt der Leistung der Klägerin habe jedoch darin bestanden, dass sie gegenüber der X-AG als Leistungsempfängerin Mitglieder für die Vereine geworben habe.
Die von der Klägerin erbrachten Leistungen seien weder nach § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG (Vermittlung der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden) noch nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG (Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Vereinigungen) von der Steuer befreit. Auch insoweit fehle es im Streitfall an der Vermittlung von "Umsätzen".
Hinweis
Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG wird eine sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Eine Vermittlungsleistung wird allerdings nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.12.2012 – XI R 30/10