Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG unterliegen Leistungen, die unmittelbar mit dem Betrieb von Schwimmbädern verbunden sind, dem ermäßigtem Steuersatz. Nachdem der BFH sich unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH bei der Beurteilung, ob es sich bei sog. "Starksolebädern" um ermäßigt besteuerte Heilbäder handelt, auch mit der Frage des Schwimmbadbegriffs auseinander gesetzt hatte, sah sich auch die Finanzverwaltung dazu genötigt.
Der BFH hatte in seinem Urteil festgestellt, dass der nationale Begriff "Schwimmbad" richtlinienkonform i. S. einer Sportanlage auszulegen ist. Ein Schwimmbad i. S. einer Sportanlage muss zur Ausübung einer sportlichen Betätigung geeignet und bestimmt sein. Anzeichen dafür sind z. B. die Unterteilung in Schwimmbahnen, die Ausstattung mit Startblöcken, eine angemessene Tiefe oder ein angemessenes Ausmaß des Schwimmbeckens. Kein Schwimmbad i. S. einer Sportanlage ist daher eine Einrichtung, in der lediglich ein Erholungsbad genommen werden kann.
Die Finanzverwaltung hat diese recht absolute Aussage abzuschwächen versucht und stellt in Abschn. 12.11 Abs. 1 UStAE jetzt fest, dass ein Schwimmbad dazu bestimmt und geeignet sein muss, eine Gelegenheit zum Schwimmen zu bieten. Dies setzt voraus, dass insbesondere die Wassertiefe und die Größe des Beckens das Schwimmen oder andere sportliche Betätigungen ermöglichen.
Die sportliche Betätigung muss nicht auf einem bestimmten Niveau oder in einer bestimmten Art und Weise – regelmäßig oder organisiert – oder im Hinblick auf die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen ausgeübt werden.
Konsequenzen für die Praxis
Auf den ersten Blick eine nicht so spektakuläre Frage, wie der Schwimmbadbegriff auszulegen ist. Dabei muss beachtet werden, dass sich im Schwimmbadbereich in den letzten Jahrzehnten erhebliche Veränderungen ergeben haben. Während früher eher einfache, auf sportliche Betätigung ausgerichtete Schwimmbäder auf dem Markt vorhanden waren, dominieren heute Erlebnis- oder Wellnessbäder. Die reine Ausübung von Schwimmsport steht bei diesen Bädern nicht mehr im Vordergrund.
Nachdem das Bayerische Landesamt für Steuern in einer mittlerweile zurückgezogenen Verfügung, die zu den Änderung des Steuersatzes bei der Verabreichung von Saunabädern ergangen war, auch zu dem Schwimmbadbegriff Stellung genommen hatte und dort eine strengere Auslegung des Schwimmbadbegriffs vorgenommen hatte, war eine bundeseinheitliche Auslegung notwendig.
Bäder, bei denen aufgrund der Größe oder der nur geringen Wassertiefe keine Möglichkeit des Schwimmens besteht, können aber nicht unter den Begriff des Schwimmbads fallen, sodass für diese Leistungen der ermäßigte Steuersatz nicht angewendet werden kann.
Die Regelung gilt in allen offenen Fällen.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 7.7.2015, III C 2 – S 7243/07/10002-03, BStBl 2015 I S. 562