Leitsatz

Bei der Berechnung der zumutbaren Belastung wird der Gesamtbetrag der Einkünfte beider getrennt veranlagter Ehegatten angesetzt. Dies gilt jedoch nicht, wenn die außergewöhnliche Belastung durch eine persönliche Unterhaltspflicht eines Ehegatten begründet wird.

 

Sachverhalt

Die inzwischen verstorbene Mutter des Steuerpflichtigen war in den Jahren 2001 und 2002 ausschließlich aufgrund ihrer Krankheit in einem Pflegeheim untergebracht; ihr eigener Hausstand war aufgelöst worden. Sie war in Pflegestufe I. Die eigenen Einkünfte der Mutter reichten aber zusammen mit dem Pflegegeld nicht aus, um die krankheitsbedingten Heimkosten wie Unterbringung, Pflegeleistung und Verpflegung zu decken. Deshalb zog das Sozialamt den unterhaltsverpflichteten Sohn heran. Er leistete in 2001 insgesamt 15.548 DM und in 2002 6.900 EUR für die Heimunterbringung seiner Mutter. Der Sohn ist verheiratet und ließ sich für die beiden Jahre 2001 und 2002 getrennt zur Einkommensteuer veranlagen. Die von ihm aufgewendeten Heimkosten erklärte er als außergewöhnliche Belastung. Das Finanzamt erkannte dies grundsätzlich an, berücksichtigte jedoch bei der Berechnung der zumutbaren Belastung nicht nur seinen Gesamtbetrag der Einkünfte, sondern die Summe der Gesamtbeträge der Einkünfte beider getrennt veranlagter Ehegatten. Hiergegen richtet sich die Klage.

 

Entscheidung

Zunächst hebt das FG hervor, dass es sich unstreitig um eine krankheits- und pflegebedürftigkeitsbedingte Heimunterbringung und bei den dafür aufgewendeten Aufwendungen um außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG handelt. Anschließend zitiert das FG die Vorschrift des § 26 a Abs. 2 EStG, wonach bei der getrennten Veranlagung die außergewöhnlichen Belastungen in gleicher Höhe wie bei einer Zusammenveranlagung in Betracht kommen. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs stellen getrennt veranlagte Ehegatten hinsichtlich der Abziehbarkeit von außergewöhnlichen Belastungen eine Einheit dar, und die Aufwendungen des einen Ehegatten gelten zugleich als solche des anderen.

Das FG nimmt dann aber eine verfassungskonforme Auslegung vor und kommt zu dem Urteil, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte der getrennt veranlagten Ehefrau bei der Berechnung der zumutbaren Belastung außer Ansatz bleibe. Nach Auffassung der Richter basiere die Einheitstheorie darauf, dass die Aufwendungen nicht personen- sondern ehebezogen geleistet werden. Im Streitfall beruhen die Heimkosten hingegen auf der persönlichen Unterhaltsverpflichtung des Ehemannes und sind daher höchst personenbezogen und gerade nicht ehebezogen. Wenn nun aber der Sohn seine allein von ihm getragenen außergewöhnlichen Belastungen aufgrund der Tatsache, dass seine getrennt veranlagte Ehefrau ebenfalls Einkünfte erzielt hat, in deutlich höherem Maße mindern müsste, als wenn er nicht verheiratet wäre, so werde er damit durch die Ehe benachteiligt. Diese Ungleichbehandlung sei ein Verstoß gegen Art. 6 i. V. mit Art. 3 Abs. 1 GG. Verwirklicht also nur ein Ehegatte die außergewöhnliche Belastung und trägt er die Aufwendungen hierfür, dürfe bei der Bemessung der zumutbaren Belastung auch nur sein Gesamtbetrag der Einkünfte zu Grunde gelegt werden.

 

Hinweis

Gegen diese Entscheidung legte die Finanzverwaltung Revision ein, die beim BFH unter dem Aktenzeichen III R 20/08 geführt wird. Zu dem Thema der Berücksichtigung beider Gesamtbeträge der Einkünfte bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung im Fall der getrennten Veranlagung sind beim BFH unter den Aktenzeichen III R 18/07 und III R 18/08 noch zwei weitere Revisionen anhängig. Rechtsmittelführer sind in diesen Verfahren die jeweils betroffenen Steuerpflichtigen. Vermutlich wird der BFH diese Verfahren zusammen entscheiden. Bis dahin können andere Steuerpflichtige, bei denen die zumutbare Belastung ebenfalls unter Einbeziehung des Gesamtbetrags der Einkünfte des getrennt veranlagten Ehegatten berechnet wurde, gegen ihre Steuerbescheide Einspruch einlegen und ihre Einspruchsverfahren ruhen lassen.

Das FG entschied in dem vorliegenden Fall nicht, welcher Pozentsatz gemäß § 33 Abs. 3 EStG für die zumutbare Belastung anzuwenden ist. Es liegt jedoch nahe, im Falle der getrennten Veranlagung den Prozentsatz anzuwenden, der im Zusammenhang mit der Grundtabelle gilt.

Das FG entschied ferner nicht über den Abzug der außergewöhnlichen Belastungen, falls die außergewöhnlichen Belastungen - bezogen auf den Streitfall - nicht vom unterhaltsverpflichteten Ehemann, sondern von der Ehefrau geleistet wurden. Bei dieser Konstellation dürften die Aufwendungen beim unterhaltsverpflichteten Ehemann nicht abziehbar sein.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.09.2007, 6 K 83/07

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge