Ass. jur. Viola C. Didier
Leitsatz
Die Überlassung eines PKW zur privaten Nutzung als Entgelt für eine Vermittlungsleistung stellt eine Betriebseinnahme dar, die in Höhe der Leasingraten anzusetzen ist. Eine Bewertung der Nutzungsmöglichkeit nach der sog. 1%-Regelung kommt bei privater Nutzung nicht in Betracht.
Sachverhalt
Ein Rechtsanwalt, der vor allem nichtselbstständig als Bankmitarbeiter tätig war, hatte für eine Firmengruppe Grundstücksobjekte vermittelt und als Dank einen PKW unentgeltlich zur privaten Nutzung überlassen bekommen. In der Übernahme der Leasingraten durch die Firmengruppe sah das Finanzamt eine Kostenerstattung, die es in Höhe der Leasingraten als Betriebseinnahme ansetzte. Der Rechtsanwalt vertrat dagegen die Auffassung, dass die Betriebseinnahme lediglich auf der Grundlage der sog. 1%-Regelung anzusetzen sei.
Entscheidung
Das Hessische FG stellte klar, dass auch Sachleistungen und Nutzungsvorteile, wie z.B. die Kraftfahrzeuggestellung, Betriebseinnahmen seien. Dabei könne letztlich dahinstehen, ob die PKW-Nutzungsüberlassung als Einnahme im Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit zu erfassen sei. Denn eine betriebliche Veranlassung liege vor, wenn ein objektiver wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang mit der Tätigkeit des Steuerpflichtigen bestehe. Aufgrund der Tatsache, dass der Rechtsanwalt der Firmengruppe zum Verkauf stehende Immobilienobjekte "empfohlen" hatte, wurde ihm die unentgeltliche Nutzung des PKW ermöglicht. Hierdurch sollte er langfristig mit seiner "Vermittlungstätigkeit" gebunden werden.
In jedem Falle stelle die PKW-Nutzungsüberlassung nach den konkreten Umständen eine Betriebseinnahme im Rahmen der vermittelnden Tätigkeit dar, die sich außerhalb der nichtselbstständigen Tätigkeit als Bankmitarbeiter abgespielt habe. Da der Rechtsanwalt den PKW ausschließlich zu privaten Zwecken und nicht im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit genutzt habe, komme die Anwendung der sog. 1%-Regelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht in Betracht. Vielmehr seien die Leasingraten in voller Höhe als sog. geldwerter Vorteil Betriebseinnahmen und stellten somit eine zu versteuernde Vermögensmehrung dar.
Hinweis
Für den Fall einer vertragswidrigen privaten PKW-Nutzung durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft bemisst der BFH den Nutzungsvorteil nicht gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mit 1 % des Listenpreises, sondern nach Fremdvergleichsmaßstäben mit dem gemeinen Wert der Nutzungsüberlassung.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 01.12.2011, 10 K 939/08