Leitsatz
1. Die gemäß § 140 Abs. 2 SGB VII abgeschlossene Auslandsunfallversicherung ist nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VersStG im Inland steuerbar, soweit die versicherten Personen als Arbeitnehmer des inländischen Unternehmers (Versicherungsnehmer) ihrer Beschäftigung im Ausland nachgehen.
2. Die Auslandsunfallversicherung gemäß § 140 Abs. 2 SGB VII ist nicht nach § 4 Nr. 3 VersStG von der Versicherungsteuer befreit.
Normenkette
§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, § 4 Nr. 3 und 7 VersStG, § 3, § 4 SGB IV, § 140 Abs. 2, § 7, § 8, § 9, § 104 SGB VII, Art. 13 Nr. 13 EGRL 138/2009
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Berufsgenossenschaft in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Auf der Grundlage von § 140 Abs. 3 Satz 3 SGB VII bietet die Klägerin – als Trägerin der Auslandsversicherung – ihren Mitgliedern den Abschluss einer Auslandsunfallversicherung (AUV) für deren Arbeitnehmer nach § 140 Abs. 2 SGB VII an.
Nach § 3 Abs. 1 der Richtlinien für die Auslandsunfallversicherung (Richtlinien AUV) wird auf Antrag des Unternehmers für ins Ausland entsandte Personen Versicherungsschutz gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (Versicherungsfälle) im Ausland gewährt, wenn diese Personen nicht bereits aufgrund des Sozialgesetzbuches oder des zwischen- oder überstaatlichen Rechts versichert sind.
Nach § 4 Abs. 1 der Richtlinien AUV ist Voraussetzung für die Gewährung des Versicherungsschutzes eine Auslandstätigkeit im Zusammenhang mit einer Beschäftigung oder ehrenamtlichen Tätigkeit bei einem inländischen Unternehmen. Das Bundesversicherungsamt teilte der Klägerin 2013 mit, dass die AUV Teil der öffentlich-rechtlichen Sozialversicherung und somit nicht von der Fachaufsicht betroffen ist.
Im November 2017 (Streitjahr) vereinnahmte die Klägerin für bei ihr abgeschlossene AUV Versicherungsentgelte in Höhe von 3.530 EUR. Die Versicherungen betrafen Personen, die in den USA, in China, Indien, Südkorea, Thailand, Mexiko, Israel und Südafrika tätig waren. Die Klägerin gab für den Voranmeldungszeitraum November 2017 eine als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung geltende Versicherungsteueranmeldung ab und erklärte darin eine Versicherungsteuer von 563,61 EUR. Die hiergegen gerichtete Sprungklage hatte keinen Erfolg (FG Köln, Urteil vom 6.6.2018, 2 K 3284/17, Haufe-Index 12956260).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil der Vorinstanz auf und verwies die Sache an das FG zurück. In einem zweiten Rechtsgang sei zu prüfen,
- in welcher Weise die Arbeitnehmer des jeweiligen Versicherungsnehmers der Klägerin im Ausland tätig geworden sind,
- ob sie von einer Tochtergesellschaft oder einer Betriebsstätte aus tätig geworden sind oder
- ob ihr jeweiliger Arbeitgeber (Versicherungsnehmer) sie direkt von seinem Sitz im Inland aus in das Ausland entsandt hatte und sie dort einen langfristigen oder dauerhaften Tätigkeitsort innehatten.
Zwar spreche vieles dafür, dass die Versicherungsnehmer für ihre ausschließlich in Drittländern, in den USA, in China, Indien, Südkorea, Thailand, Mexiko, Israel und Südafrika i.S.v. § 140 Abs. 2 SGB VII tätig gewordenen Arbeitnehmer als Versicherte den Steuertatbestand des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VersStG nicht erfüllten. Dies stehe aber nicht fest.
Dabei soll das FG auch der Frage nachgehen, ob die Arbeitnehmer, soweit sie zwischenzeitlich im Inland tätig geworden sind, hier der gesetzlichen Unfallversicherung unterlagen (§§ 3, 4 SGB IV).
Hinweis
1. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VersStG besteht eine Steuerpflicht, wenn der Versicherungsnehmer keine natürliche Person ist und sich bei Zahlung des Versicherungsentgelts der Sitz des Unternehmens, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung, auf die sich das Versicherungsverhältnis bezieht, im Geltungsbereich dieses Gesetzes befindet. Maßgeblich ist dabei die Belegenheit des versicherten Risikos.
2. Eine Auslandsunfallversicherung (AUV), die gemäß § 140 Abs. 2 SGB VII eine Versicherung gegen Unfälle, die Personen im Zusammenhang mit einer Beschäftigung bei einem inländischen Unternehmen im Ausland erleiden, ist im Inland steuerbar, wenn sich die AUV auf einen hier befindlichen Sitz des Unternehmens, die Betriebsstätte oder die entsprechende Einrichtung bezieht. Das Versicherungsverhältnis bezieht sich auf einen dieser Orte im Inland, wenn hier das versicherte Risiko liegt.
Versichertes Risiko ist bei einer Versicherung i.S.d. § 140 Abs. 2 SGB VII der Unfall, den die versicherte Person im Ausland erleidet. § 140 SGB VII soll die Lücke im Unfallversicherungsschutz schließen, und zwar für Tätigkeiten im Ausland, die mit einem inländischen Unternehmen zusammenhängen, die aber im Ausland wegen des Territorialitätsprinzips (§ 3 SGB IV) nicht versichert wären und auf die auch die Ausstrahlung nach § 4 SGB IV nicht anwendbar ist.
§ 140 Abs. 2 SGB VII erfasst vor allem längere oder dauernde Auslandstätigkeiten jenseits der Ausstrahlung und jenseits der von zwischenstaatlichen Abkommen oder supranationalen Regelungen erfassten Fälle. Die Vorschrift erstrec...