Leitsatz

Trägt der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts deren Werbungskosten über den seiner Beteiligung entsprechenden Anteil hinaus, sind ihm diese Aufwendungen im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Gesellschaft ausnahmsweise dann allein zuzurechnen, wenn insoweit weder eine Zuwendung an Mitgesellschafter beabsichtigt ist noch gegen diese ein durchsetzbarer Ausgleichsanspruch besteht (Anschluss an BFH-Urteil vom 5.2.1965, VI 234/63 U, BStBl III 1965, 256). Auf die Kenntnis der Umstände, aus denen sich die fehlende Durchsetzbarkeit des Ausgleichsanspruchs ergibt, kommt es dabei nicht an.

 

Normenkette

§ 9 EStG , § 21 Abs. 1 EStG , § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO , § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb zusammen mit ihrer Mutter Eigentumswohnungen, die anschließend in der Rechtsform einer GbR vermietet wurden. Ihr Anteil an den Wohnungen betrug 70 %, der ihrer Mutter 30 %. Nach persönlichen Differenzen mit der Mutter kündigte die Klägerin die GbR, stellte für beide Objekte einen Antrag auf Teilungsversteigerung und erhielt für beide Wohnungen im Streitjahr den Zuschlag. Seit Kündigung der GbR verweigerte die – nach den Feststellungen des FG – überschuldete Mutter eine Beteiligung an den laufenden Aufwendungen für die beiden Mietobjekte; sie wurden insbesondere im Streitjahr allein von der Klägerin getragen.

In der für das Streitjahr abgegebenen Feststellungserklärung der GbR ermittelte die Klägerin für die Wohnungen einen geringen Einnahmenüberschuss und verteilte diesen im Verhältnis 70:30 auf die beiden Gesellschafterinnen. Dabei setzte sie bei den Werbungskosten lediglich die AfA für die Wohnungen an; sämtliche von ihr getragenen Aufwendungen (insgesamt: 32.392 DM) wurden als Sonderwerbungskosten erklärt und bei der Verteilung der Einkünfte allein ihr zugerechnet.

Das FA teilte indessen die Einnahmen und Ausgaben für beide Mietobjekte im Verhältnis der Beteiligungen auf. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Hiergegen richtet sich die Revision.

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und der Klage stattgegeben, da die Mutter nach den Feststellungen des FG überschuldet und ein Ausgleichsanspruch der Klägerin gegen sie deshalb objektiv nicht durchsetzbar gewesen sei. Die streitigen Aufwendungen seien deshalb ausschließlich der Klägerin zuzurechnen.

 

Hinweis

1. Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte einer (Vermietungs-) GbR nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist grundsätzlich das zivilrechtliche Beteiligungsverhältnis Maßstab für deren anteilige steuerrechtliche Zurechnung, so lange die Mitgesellschafter keine abweichende Vereinbarung getroffen haben. Übernimmt aber einer von ihnen – ohne ausdrückliche Vereinbarung – einen höheren Anteil an den Kosten für die Unterhaltung des gemeinschaftlichen Vermietungsobjekts, so erfährt der Grundsatz anteiliger steuerrechtlicher Zurechnung der Einkünfte eine Einschränkung, wenn die Übernahme nicht

Hat aber der Leistende von vornherein keinen Anspruch auf Ersatz gegen seine Miteigentümer oder können diese ihm tatsächlich später keinen Ersatz leisten, so dass der Zahlende mit seinem Ersatzanspruch nach § 426 BGB ausfällt, sind ihm allein die Kosten als Werbungskosten zuzurechnen (vgl. BFH, Urteil in BStBl III 1965, 256; Paus, INF 2002, 235). Diese Grundsätze gelten für jedweden überquotal getragenen Aufwand, nicht nur für Sonderwerbungskosten; denn Voraussetzung für diese Zurechnung ist ausschließlich die fehlende Durchsetzbarkeit des Ausgleichsanspruchs, so dass es auch nicht auf die Kenntnis von der fehlenden Durchsetzbarkeit, sondern allein auf deren objektive Unmöglichkeit ankommt.

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung dieser objektiven Unmöglichkeit ist der jeweilige Streitzeitraum. Selbst wenn man in diesem Zeitraum auch eine Prognose hinsichtlich einer Durchsetzbarkeit des Anspruchs in Folgejahren anstellen müsste, können unvorgesehene künftige Ereignisse wie z.B. eine spätere Erbschaft nicht berücksichtigungsfähig sein.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.11.2004, IX R 59/01

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge