Kommentar
1. Persönliche Voraussetzung für die Anrechnung von Körperschaft- und Kapitalertragsteuerguthaben auf die Einkommensteuerschuld ist, daß der Einkommensteuerpflichtige Anteilseigner ist ( Anrechnungsverfahren ).
2. Sachliche Voraussetzung für die Anrechnung ist, daß die Einnahmen aus Kapitalvermögen bei der Veranlagung zur Einkommensteuer erfaßt werden (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. f EStG ).
3. Sind Anteile an einer GmbH zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft zu rechnen, gehören die Gewinnausschüttungen der GmbH ebenso wie die anzurechnende Körperschaft- und Kapitalertragsteuer zu den Einkünften der Personengesellschaft aus Gewerbebetrieb i. S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i. V. m. § 20 Abs. 3 EStG .
4. Da das Körperschaftsteuer-Anrechnungsguthaben originär bei dem einzelnen Gesellschafter als Zurechnungssubjekt der Einnahmen aus Kapitalvermögen entsteht, ist auch der Anrechnungsanspruch nach Maßgabe des Gewinnverteilungsschlüssels im Sonderbetriebsvermögen des einzelnen Gesellschafters zu erfassen.
5. Die Kapitalertragsteuer hingegen gehört als für Rechnung der Anteilseignerin abgeführte Steuer zu den Einnahmen der Personengesellschaft, führt aber zugleich zu einer Entnahme der Gesellschafter, da eine Kapitalertragsteuer-Anrechnung nur bei deren Einkommensteuerschuld möglich ist.
6. Über die Zurechnung der anrechenbaren Körperschaft- und Kapitalertragsteuer bei den einzelnen Gesellschaftern ist im Rahmen der gesonderten Feststellung des Gewinns der Personengesellschaft zu entscheiden ( Abschn. 97 Abs. 4 und § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO 1977).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.11.1995, I R 114/94
Anmerkung:
Die vorstehende Entscheidung des BFH veranschaulicht die Verzahnung zwischen der Zurechnung von Einnahmen aus Kapitalvermögen und der Anrechnung von Körperschaft- und Kapitalertragsteuer . Beides läßt sich kaum miteinander in Einklang bringen, wenn Anteilseignerin und damit Zurechnungssubjekt der Einnahmen aus Kapitalvermögen eine Personengesellschaft ist, zu deren Gesamthandsvermögen die Anteile an einer Kapitalgesellschaft gehören. Denn die Anrechnungsberechtigung liegt bei der Personengesellschaft als Anteilseignerin, tatsächlich möglich ist die Anrechnung aber nur bei den Gesellschaftern als Einkommensteuersubjekten. Daher kann die Anrechnung der Körperschaftsteuer nur im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter stattfinden. Die Notwendigkeit der hiervon abweichenden Konstruktion des BFH für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer ist schwer einzusehen, führt aber letztlich zum gleichen Ergebnis.
Anrechnungsverfahren