Leitsatz
Das Einkommen einer Organgesellschaft ist entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur den Gesellschaftern einer Organträger-Personengesellschaft zuzurechnen, die im Zeitpunkt der Einkommenszurechnung an der Organträgerin beteiligt sind.
Normenkette
§ 180 Abs. 1 Nr. 2, § 174 Abs. 4, Abs. 5, § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 14 KStG, § 4 Abs. 1, § 5, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG
Sachverhalt
Eine KG war Organträgerin mehrerer GmbH. Alle Gesellschaften hatten ein dem Kj. entsprechendes Wj. Der alleinige Kommanditist der KG veräußerte seinen Kommanditanteil zum 29.12.1998, wobei ausdrücklich das Gewinnbezugsrecht der KG aus den Gewinnabführungsverträgen für die Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt wurde. Die KG wies dem ausgeschiedenen Gesellschafter keinen Anteil an dem zugerechneten Einkommen der Organgesellschaften zu. Das FA war der Auffassung, dass dem ausgeschiedenen Kommanditisten ein anteiliger Gewinn der Organgesellschaften entsprechend dem Zeitanteil seiner Gesellschafterstellung im Wj. zuzurechnen sei; der Veräußerungsgewinn sei um den betreffenden Betrag zu mindern.
Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab (FG Düsseldorf, Urteil vom 21.1.2009, 9 K 2067/03 F, EFG 2010, 467).
Entscheidung
Die Revision des ausgeschiedenen Gesellschafters hatte Erfolg. Der BFH rechnete ihm kein Organeinkommen zu. Das Organeinkommen sei zum Ende des Wj. der Organgesellschaft den Gesellschaftern der Organträgerin zuzurechnen, die in diesem Zeitpunkt beteiligt gewesen seien. Die Zurechnung müsse wie ein Geschäftsvorfall der Organträgerin behandelt werden. Auf den Veräußerungsgewinn eines vorher ausgeschiedenen Gesellschafters wirke sich die spätere Einkommenshinzurechnung bei der Organträgerin nicht aus.
Hinweis
1.Die Entscheidung klärt die hoch umstrittene Frage, welchen Gesellschaftern einer Organträger-Personengesellschaft zu welchem Anteil das Organeinkommen zuzurechnen ist, wenn im Wj. der Zurechnung Veränderungen im Gesellschafterbestand oder bei den Beteiligungsverhältnissen der Organträgerin eingetreten sind. Hierzu werden die unterschiedlichsten Auffassungen vertreten, wie man den einschlägigen Kommentaren entnehmen kann.
Weil dem Organträger das Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet wird (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG), wird etwa angenommen, die Zurechnung dürfe nicht zeitpunkt-, sondern müsse zeitraumbezogen verstanden werden. Es käme dann zu einer anteiligen Zurechnung für die Dauer des Gewinnermittlungszeitraums der Organgesellschaft. Wenn dieser mit dem Gewinnermittlungszeitraum der Organträgerin identisch ist, könnte man an eine zeitanteilige Zurechnung bei den Gesellschaftern der Organträgerin denken. Bereits bei unterschiedlichen Gewinnermittlungszeiträumen scheitert ein solches Gedankenmodell aber. Es könnte außerdem nicht die zeitliche Abfolge einzelner gewinnwirksamer Geschäftsvorfälle bei der Organgesellschaft abbilden.
Vor diesem Hintergrund entscheidet sich der BFH nun im Ergebnis für die aus seiner Sicht praktikabelste Lösung: Die Hinzurechnung des Einkommens wird wie ein Geschäftsvorfall der Organträgerin behandelt, der sich zum Ende des Wj. der Organgesellschaft ereignet. Das Einkommen wird den zu diesem Zeitpunkt an der Organträger-Personengesellschaft beteiligten Gesellschaftern nach dem in diesem Zeitpunkt geltenden Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet.
2. Hat ein Gesellschafter der Organträgerin seinen Anteil vorher veräußert, wird eine zu erwartende Gewinnabführung in der Regel bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt worden sein. Dementsprechend erhöht sich der Veräußerungsgewinn. Weil dem ausgeschiedenen Gesellschafter aber kein Anteil an dem Organeinkommen zugerechnet wird, kann es nicht zu einer organschaftsbedingten Gewinnkorrektur bei dem betreffenden Gesellschafter kommen. Diesem bleibt also der Veräußerungsgewinn und damit die diesbezügliche Tarifbegünstigung erhalten.
Der Erwerber hat die das Kapitalkonto übersteigenden Anschaffungskosten in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren. Soweit sie mit der erwarteten Gewinnabführung zusammenhängen, können sie nur der Beteiligung an der Organgesellschaft zugeordnet werden, weil ein eigenständiger Anspruch auf Gewinnabführung am Tag des Erwerbs noch nicht bestand.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.2.2013 – IV R 50/09