Leitsatz
1. Auch dann, wenn jemand aufgrund eines Finanzierungskonzepts eine Sofortrente als abgekürzte Leibrente (Rente I) durch ein endfälliges Darlehen finanziert und die auszuzahlenden Rentenleistungen u.a. dazu verwendet, um die Prämien für eine aufgeschobene Leibrente (Rente II) zu zahlen, sind bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht beide Leibrenten grundsätzlich getrennt zu beurteilen (Anschluss an BFH, Urteil vom 16.9.2004, X R 25/01).
2. Verwendet der Steuerpflichtige die ausgezahlten Rentenbeträge dazu, weitere Einkunftsquellen anzuschaffen und Werbungskosten zu begleichen, so setzt sich der wirtschaftliche Zusammenhang des Darlehens mit der Rente I i.H.d. zurückfließenden Kapitals, das jede Rente neben dem Ertragsanteil enthält, an den neuen Kapitalanlagen fort (sog. Surrogationsbetrachtung).
3. Bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht des jeweiligen Rentenrechts sind die Zinsen für das Darlehen, mit dem ursprünglich die Prämie für die Rente I finanziert wurde, entsprechend dem sich ändernden Darlehenszweck aufzuteilen.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a, § 22 Nr. 3 EStG, § 55 Abs. 2 EStDV
Sachverhalt
Auf der Grundlage eines besonderen Finanzierungskonzepts schloss der Kläger im Streitjahr einen Rentenversicherungsvertrag ab, aus dem ihm – gegen Einmalzahlung von 1 Mio. DM – sofort beginnende und auf 15 Jahre begrenzte Rentenzahlungen zufließen (Rente I). Zugleich schloss der Kläger einen aufgeschobenen Versicherungsvertrag (Rente II) ab, aus dem – beginnend in 15 Jahren – eine dann lebenslängliche Rente gezahlt werden soll. In der fünfzehnjährigen Aufschubphase müssen jährliche Versicherungsbeiträge (50.000 DM) vom Kläger geleistet werden.
Die Einmalzahlung für die Rente I finanzierte der Kläger mit einem (endfälligen) Darlehen i.H.v. von 1.111.111,11 DM und einer Laufzeit von 15 Jahren, das in einer Summe zurückzuzahlen ist. Die Darlehensparteien vereinbarten ein Disagio i.H.v. 111.111,11 DM, das im Streitjahr – bei Gutschrift des Darlehensbetrags – einbehalten wurde. Aus den sofort beginnenden Rentenzahlungen der Rente I werden während der Laufzeit gezahlt:
- Zinsen des endfälligen Darlehens (Festzins bis zum 30.10.2008: 4,14 % der Darlehenssumme, danach bis zum Jahr 2013: 5,58 %),
- Sparbeitrag für einen Investmentfonds,
- Beiträge für die aufgeschobene Rente II (jährlich 50.000 DM).
Der Kläger zahlte überdies Eigenkapital in den Investmentfonds ein. Außerdem sollen dort nach dem Finanzierungskonzept jährlich die Beiträge eingezahlt werden, die sich durch den beabsichtigten Werbungskostenabzug als Steuerersparnis ergeben.
Am Ende der fünfzehnjährigen Laufzeit der Rente I soll das endfällige Darlehen mit den ersparten Beiträgen aus dem Investmentfonds getilgt werden. Sollten die Ersparnisse im Investmentfonds nicht ausreichen, besteht auch die Möglichkeit einer Kapitalabfindung der Rente II (i.H.v. 918.632 DM), mit der das Darlehen getilgt werden könnte. Ebenfalls im Streitjahr erhielt der Kläger 30.000 DM von dem Versicherungsmakler zur teilweisen Erstattung der Abschlusskosten.
Das FA lehnte es mangels Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers ab, die Rente I steuerrechtlich zu berücksichtigen, erfasste aber die Provision von 30.000 DM als sonstige Einkünfte. Dagegen richtet sich die nach erfolglosem Klageverfahren erhobene Revision der Kläger.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG zu Unrecht den gesamten streitigen Finanzierungsaufwand allein der Rente I zugeordnet und damit den wirtschaftlichen Zusammenhang des Darlehens mit der Anschaffung der Rente II und den Fondsanteilen verkannt. Zur Nachholung einer fehlerfreien Ertragsprognose sei die Sache deshalb zurückzuverweisen.
Hinweis
1. Entgegen der Auffassung des FG führte die Weiterleitung der Provision nicht zu steuerbaren Einkünften i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG, sondern zu einer Minderung der Anschaffungskosten für die Versicherung (vgl. BFH, Urteil vom 2.3.2004, IX R 68/02, BFH-PR 2004, 262).
2. Im Mittelpunkt des Streitfalls steht des Weiteren die Frage, ob und ggf. inwieweit in die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Abschluss von zwei Leibrentenverträgen zu berücksichtigen ist, dass sie Bestandteile eines einheitlichen Finanzierungskonzepts sind und deshalb Werbungskosten eines Vertrags auch durch den zweiten Vertrag mit veranlasst sein können. Diese Frage ist insbesondere von Bedeutung, wenn ohne eine solche Aufteilung hinsichtlich einer Rente ein Werbungskostenüberschuss vorliegt und deshalb die erforderliche Absicht des Steuerpflichtigen, auf die voraussichtliche Dauer der Betätigung oder Vermögensnutzung der maßgeblichen einzelnen Einkunftsquelle – hier der Rente – einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften, nicht bejaht werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 16.9.2004, X R 25/01, BFH-PR 2005, 89).
Wie anfallende Werbungskosten den jeweils im Zusammenhang stehenden mehreren Einkunftsquellen – wie im Streitfall den beiden Rentenverträgen – zuzuordnen sind, hängt davo...