Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Leitsatz
Ein Leasingobjekt ist steuerlich dem Leasingnehmer zuzurechnen, wenn der Leasingnehmer den Leasinggeber und zivilrechtlichen Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer und bei gewöhnlichem Ablauf des Sale-and-lease-back-Geschäfts von der Einwirkung auf das Leasingobjekt wirtschaftlich ausschließen kann und zudem die vertraglichen und tatsächlichen Abläufe darauf angelegt sind, dass der Leasinggeber am Ende der Laufzeit das Leasingobjekt zu dem bereits vorvereinbarten Kaufpreis zurückerwerben muss.
Sachverhalt
Eine KG (als Käufer und Leasinggeber) schloss mit der P GmbH (als Verkäufer und Leasingnehmer) mehrere gleichlautende Kauf- und Leasingverträge als "sale and lease back" ab. Leasingobjekte waren PC-Systeme. Neben dem Kaufpreis wurden im Vertrag die Leasingraten und ein Rückkaufwert i. H. v. 10 % des Kaufpreises bei Vertragsende sowie eine Laufzeit von 48 Monaten festgelegt. Die KG vertritt die Auffassung, dass die PC-Systeme ihr als Anlagevermögen zuzurechnen sind und die Abschreibungen bei ihr Betriebsausgaben sind. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die amtlichen AfA-Tabellen nicht herangezogen werden könnten, da die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nach Herstellerangaben mindestens 5,1 Jahre betrage.
Entscheidung
Nach der Entscheidung des Finanzgerichts ist P wirtschaftliche Eigentümerin der Leasingobjekte geblieben, da sie die KG als Leasinggeberin und zivilrechtliche Eigentümerin bei normalem Verlauf der Vertragsabwicklung für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf die Informationssysteme wirtschaftlich ausschließen konnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verträge von Beginn an darauf angelegt waren, dass die KG am Ende der Laufzeit die Systeme zu dem bereits fest vorvereinbarten Kaufpreis zurückerwirbt. Die Zurechnung ergibt sich aus Sicht des Finanzgerichts aus der konkreten Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, wobei das Gericht weder einer Bindung an die "Leasingerlasse" der Finanzverwaltung noch an die "amtlichen AfA-Tabellen" unterliege. Die wirtschaftliche Beurteilung ist primär Gegenstand richterlicher Sachverhaltsaufklärung und Überzeugungsbildung für die der Senat selbst die ausreichende Sachkunde besitze. Ein Sachverständigengutachten war daher nicht erforderlich. Die Abschreibungen sind als Betriebsausgaben bei der P zu berücksichtigen. Da es sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise um ein "Finanzierungsmodell" handelt, sind aber die in den Zahlungen der KG enthaltenen Zinsanteile als Betriebsausgaben der KG zu berücksichtigen.
Hinweis
Voraussetzung für das wirtschaftliche Eigentum ist, dass der Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung wirtschaftlich ausgeschlossen ist.
Bei der vorliegenden Entscheidung ist von besonderer Bedeutung, dass die typisierten Abschreibungsregelungen aus Sicht des Finanzgerichts keine zuverlässigen oder gar zwingenden Rückschlüsse auf das wirtschaftliche Eigentum zulassen. Umgekehrt sieht das Finanzgericht auch die vom Kläger dargelegte technische Nutzungsdauer nicht als zwingenden Maßstab für die Zurechnung. Fraglich für den Praktiker bleibt: Welcher Maßstab ist für Nutzungsdauer im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Eigentum denn dann der richtige?
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 01.09.2016, 15 K 445/12