Rz. 54
Eine Kapitalgesellschaft, die eine Zuschreibung gem. § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB vorgenommen hat, weist ein im Vergleich zur Nichtzuschreibung höheres Ergebnis in der Handelsbilanz aus und besitzt damit ein tendenziell größeres Ausschüttungsvolumen. Um zu vermeiden, dass derartige Zuschreibungserträge trotz ihrer Finanzunwirksamkeit Ausschüttungen an die Anteilseigner zur Folge haben, erlauben rechtsformspezifische Vorschriften im AktG und GmbHG Rücklagenzuführungen in bestimmter Höhe. Gem. § 58 Abs. 2a AktG können "Vorstand und Aufsichtsrat den Eigenkapitalanteil von Wertaufholungen bei Vermögensgegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens in andere Gewinnrücklagen einstellen". Das gleiche Recht steht nach § 29 Abs. 4 GmbHG den Geschäftsführern einer GmbH mit Zustimmung des Aufsichtsrats oder der Gesellschafter zu.
3.1.1 Bestimmung des Eigenkapitalanteils einer Wertaufholung
Rz. 55
Eine Dotierung der anderen Gewinnrücklagen darf nur in Höhe des Eigenkapitalanteils der Wertaufholung erfolgen. Der Eigenkapitalanteil einer Wertaufholung ermittelt sich aus der Differenz zwischen dem Umfang der Zuschreibung und der Ertragsteuerbelastung, die durch diese Wertaufholung ausgelöst wird; eine geringere Zuführung ist jedoch zulässig. Als Steuerbelastung gilt hierbei die tatsächliche Belastung des steuerlichen Ergebnisses mit Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag. Die Ermittlungsmethode soll anhand eines einfachen Beispiels verdeutlicht werden.
Auf ein Wertpapier des Anlagevermögens (Anschaffungskosten 500) wurde in Vorjahren eine außerplanmäßige Abschreibung gem. § 253 Abs. 3 Sätze 5, 6 HGB in Höhe von 200 vorgenommen. Der Wert ist am 31.12.00 wieder auf 400 angestiegen. Das Unternehmen nimmt eine Zuschreibung gem. § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB in Höhe von 100 vor, wodurch sich der Buchwert des Vermögensgegenstandes um 100 erhöht und in der Gewinn- und Verlustrechnung ein Ertrag in gleicher Höhe zu erfassen ist. Der Jahresüberschuss vor Steuern steigt dadurch ebenfalls um 100.
Rz. 56
Der Eigenkapitalanteil einer Zuschreibung beträgt 100 %, wenn die handelsrechtliche Wertaufholung keine steuerlichen Konsequenzen hat, bspw. weil steuerlich Verluste erzielt wurden, noch genügend Verlustvorträge bestehen oder eine parallele Zuschreibung bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung nicht erfolgte (Nichteinbeziehung des Vermögensgegenstandes in die Gewinnermittlung, steuerliche Nichtanerkennung der seinerzeit vorgenommenen Abschreibung). Im obigen Beispiel entspräche dies einem Betrag von 100.
Rz. 57
Führt die Zuschreibung zu einer steuerlichen Belastung, ermittelt sich der Eigenkapitalanteil einer Wertaufholung aus der Differenz zwischen Umfang der Zuschreibung und der effektiven Ertragsteuerbelastung. In diesem Zusammenhang ergibt sich die effektive Ertragsteuerbelastung aus der Differenz zwischen Steueraufwand bei Vornahme der Zuschreibung und Steueraufwand bei (fiktiver) Unterlassung der Zuschreibung.
Rz. 58
Folglich ist für die Gewerbesteuer und die Körperschaftsteuer (hiermit ist ebenfalls der Solidaritätszuschlag verbunden) isoliert zu beurteilen, inwieweit eine zusätzliche Belastung durch die Wertaufholung entsteht. Bei der Gewerbesteuer wird davon auszugehen sein, dass sich grundsätzlich eine Belastung i. H. d. relevanten Gewerbesteuersatzes ergibt. Körperschaftsteuerlich unterliegt der Zuschreibungsertrag gem. § 23 Abs. 1 KStG einer Belastung von 15 %. Der Solidaritätszuschlag beträgt 5,5 % der festgesetzten Körperschaftsteuer.
Rz. 59
Im Beispiel ergibt sich bei einem gewerbesteuerlichen Hebesatz von 400 % ein Eigenkapitalanteil i. H. v. 70,175 (100 abzgl. 14 Gewerbesteuer, 15 Körperschaftsteuer und 0,825 Solidaritätszuschlag).
3.1.2 Bildung und Auflösung der Rücklage
Rz. 60
Die Dotierung der anderen Gewinnrücklagen in Höhe des Eigenkapitalanteils einer Wertaufholung ist freiwi...