LfSt Rheinland-Pfalz v. 29.3.2017, S 0284 A - St 35 2
1. Allgemeines
1.1 Anordnung der Zustellung
Verwaltungsakte werden förmlich zustellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist (z.B. § 309 Abs. 2 AO) oder behördlich angeordnet worden ist (§ 122 Abs. 5 AO). Die behördliche Anordnung einer förmlichen Zustellung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde. Hierzu bedarf es der Willensbildung durch den zuständigen Bearbeiter. Die Anordnung stellt keinen Verwaltungsakt dar (BFH-Urteil vom 16.3.2000, III R 19/99, BStBl 2000 II S. 520).
Die behördliche Anordnung der förmlichen Zustellung muss schriftlich – z.B. auf dem Verfügungsteil der Abschrift des Verwaltungsaktes – dokumentiert sein. Die Beschriftung des Adressfeldes des Formulars der Zustellungsurkunde reicht hierfür nicht aus (Urteil des FG Düsseldorf vom 3.3.1998, EFG 1998 S. 1039).
1.2 Zustellung von Steuerverwaltungsakten durch Postzusteller
Auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost zum 1.1.1995 sind die von den Postzustellern bewirkten Zustellungen wirksam (vgl. BFH-Beschluss vom 17.12.1996, BStBl 1997 II S. 638; Urteil des Niedersächsischen FG vom 21.11.1996, EFG 1997 S. 361; Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 10.9.1996, NJW 1996 S. 3159; Pahlke, DStR 1996 S. 2006).
In § 33 ff. PostG ist die förmliche Zustellung nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften geregelt. Zustellungen durch die Post mit Zustellungsurkunde i.S. von § 3 VwZG werden nach § 2 Abs. 2 VwZG durch einen Erbringer von Postdienstleistungen erbracht, der insoweit als beliehener Unternehmer gem. § 33 Abs. 1 PostG tätig wird. Damit sind die Vorschriften des VwZG unverändert anwendbar.
2. Zustellung durch die Post mittels Zustellungsurkunde gemäß § 3 VwZG
Zum organisatorischen Ablauf siehe Rdvfg. vom 26.3.2009, O 1566 A – St 21 2. Die Aufgabe erfolgt über die „Sofortpost” (vgl. Rdvfg. vom 14.9.2010, O 1566 A – St 21 2).
2.1 Angaben in der Zustellungsurkunde nach erfolgter Zustellung
Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG gelten für die Zustellung die §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend.
Die Zustellungsurkunde muss gemäß § 182 Abs. 2 ZPO folgende Angaben enthalten:
- Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll,
- Bezeichnung der Person, an die der Brief oder das Schriftstück übergeben wurde, im Falle der Zustellung an den Bevollmächtigten die Angabe, dass die Vollmachturkunde vorgelegen hat,
- ggf. Gründe, Art und Weise der Ersatzzustellung bzw. Niederlegung,
- bei Verweigerung der Annahme, wer die Annahme verweigert hat und dass der Brief am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde,
- die Bemerkung, dass der Zustellungstag auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist,
- den Ort sowie das Datum der Zustellung und ggf. auf Anordnung auch die Uhrzeit der Zustellung,
- Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie des beauftragten Unternehmens oder der ersuchten Behörde
Fehlt eine dieser Angaben, ist die Zustellung unwirksam. Gleiches gilt, wenn dieselbe Urkunde zur Beurkundung mehrerer Zustellungsvorgänge bei verschiedenen Wohnungen des Empfängers verwendet wird.
2.2 Mängel auf der dem Empfänger übergebenen Sendung
Vermerkt der Zusteller das Zustellungsdatum auf der dem Empfänger übergebenen Sendung nicht oder nicht richtig, so ist die Zustellung gleichwohl wirksam.
Durch diese fehlerhafte Zustellung kann jedoch eine Frist nicht wirksam in Lauf gesetzt werden. Zumindest kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO in Betracht. Gleiches gilt für den fehlenden Vermerk über die Person, an die zugestellt wurde. Fehlt die Unterschrift des Zustellers, kann diese nicht nachgeholt werden.
2.3 Wirkung der Beurkundung
Die Zustellungsurkunde als öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO erbringt vollen Beweis für die in ihr bezeugten Tatsachen. Dieser ist aber nach § 418 Abs. 2 ZPO durch Gegenbeweis widerlegbar, wenn konkrete Umstände dargelegt werden, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der beurkundeten Tatsachen begründen. Die bloße Behauptung der unterbliebenen Zustellung genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr der Beweis des Gegenteils. Die Beweiswirkung des § 418 Abs. 1 ZPO muss völlig entkräftet werden (vgl. Urteil des BFH vom 28.9.1993, II R 34/92, BFH/NV 1994 S. 291). Solange die Möglichkeit der inhaltlichen Richtigkeit der Urkunde besteht, ist die Beweiswirkung nicht widerlegt.
Die Zustellungsurkunde beweist dagegen nicht die Übergabe des Schriftstücks selbst. Ebenfalls keinen Beweis erbringt die Zustellurkunde für die Tatsache, dass der Empfänger unter der Zustellanschrift wohnt.
2.4 Ersatzzustellung durch Niederlegung
Bei einer Ersatzzustellung durch Niederlegung (§ 3 Abs. 2 Satz 2 VwZG i.V.m. § 181 ZPO) erfolgt eine Hinterlegung der Sendung an einer vom Zusteller dazu bestimmten Stelle:
- am Ort der Zustellung oder
- am Ort des zuständigen Amtsgerichts oder
- bei der Behörde, welche den Zustellungsauftrag erteilt hat, soweit diese ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat.
Die mit der Ausführung der Zustel...