Dr. Peter Küting, Dipl.-Kfm. Christian Koch
Rz. 103
Bereits bei der Entwicklung des IAS 41 wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, dass die Vorschriften des im Jahre 1983 verabschiedeten und 1994 bzw. 2008 zuletzt (materiell) überarbeiteten IAS 20 nicht den Anforderungen des Rahmenkonzepts genügten und es daher anstatt der Erarbeitung spezifischer Regelungen zur Zuwendungsbilanzierung in IAS 41 angebracht gewesen wäre, IAS 20 in Gänze neu zu konzipieren. Zwar erkannte das damalige IASC die Notwendigkeit einer grundlegenden Überarbeitung des IAS 20 an, entschied sich jedoch dagegen.
Rz. 104
Daraufhin wurde zwischenzeitlich seitens IASB und FASB eine umfängliche Revision des IAS 20 im Rahmen des sog. Konvergenzprojekts (convergence project) initiiert. Dabei vertrat das IASB den Standpunkt, IAS 20 durch einen komplett neuen Standard zu substituieren, wobei die einschlägigen Normen des IAS 41 die Behandlung von Zuwendungen betreffend hier als konzeptionelle Grundlage fungieren bzw. übernommen werden sollten. Überdies war beabsichtigt, zwecks eindeutiger Abgrenzung der Termini "unbedingte" und "bedingte" Zuwendung folgende Definition in den neuen Standard aufzunehmen: "Unter einer Bedingung ist eine Klausel zu verstehen, welche die öffentliche Hand zur Rückerstattung der zugewendeten Mittel berechtigt, falls zukünftig ein Ereignis eintritt oder nicht eintritt."
Rz. 105
Ferner war angedacht, aus der Definition des Zuwendungsbegriffs in IAS 20.3 den Passus die "zum Ausgleich für die vergangene oder künftige Erfüllung bestimmter Bedingungen im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Unternehmens dienen" zu streichen, um Konflikte mit der Abgrenzung zwischen "bedingten" und "unbedingten" Zuwendungen zu vermeiden.
Rz. 106
Da IAS 41 eine explizite Regelung zur Determinierung des Zeitpunkts, zu dem der Anspruch auf eine Zuwendung für Zwecke des Bilanzansatzes hinreichend objektiviert ist, nicht enthält, plante das IASB die Aufnahme einer solchen. Der Diskussionsstand sah vor, dass der Anspruch auf eine Zuwendung entweder zu aktivieren ist, wenn dem Empfänger ein unbedingter Anspruch auf die Zuwendung zusteht oder er die zugewendeten Mittel zu einem früheren Zeitpunkt tatsächlich empfangen hat.
Rz. 107
Für den Fall, dass ein Unternehmen Zuwendungen erhält, die im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Vermögenswerts gewährt werden, war die obligatorische Durchführung eines Werthaltigkeitstests (impairment test) nach Maßgabe des IAS 36 bei Zugang des bezuschussten Vermögenswerts intendiert. Im Übrigen sollte klargestellt werden, dass passivierte Verpflichtungen, die aus der Aktivierung bedingter vermögenswertbezogener Zuwendungen resultieren, im Kontext jenes Wertminderungstests denjenigen zahlungsmittelgenerierenden Einheiten zuzuordnen sind, in denen der betreffende Vermögenswert jeweils erfasst ist.
Rz. 108
Im Februar 2006 wurden die Arbeiten an der Neukonzeption der Zuwendungsbilanzierung (erneut) verschoben, um die Ergebnisse aus den Projekten "Erlöserfassung" (revenue recognition) und "Emissionshandelsprogramme" (emission trading schemes) abzuwarten. Mit der Herausgabe des IFRS 15 mit dem Titel "Erlöse aus Verträgen mit Kunden" wurde das Projekt "Erlöserfassung" am 28.5.2014 abgeschlossen. Das Projekt zu Emissionshandelsprogrammen wurde – nach zwischenzeitlichen Aufschiebungen – vom IASB Ende des Jahres 2012 als offizielles Forschungsprojekt, das indes dem Vernehmen nach unabhängig vom FASB betrieben werden soll, wieder aufgenommen. Außer einer Umbenennung des Projekts in "Mechanismen für die Schadstoffbepreisung" (pollutant pricing mechanisms) wurden bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch keine nennenswerten Projektfortschritte erzielt; vielmehr befindet sich das IASB noch immer in der Konzeptphase: "This project is included in the Board’s Research Pipeline but is not yet on the active work plan." Angesichts dessen ist derzeit nicht abschätzbar, ob – und ggf. inwieweit – die oben skizzierten Änderungsvorschläge des IASB zur Bilanzierung öffentlicher Zuschüsse überhaupt umgesetzt werden. Oder anders formuliert: Wann besagtes Projekt fortgesetzt wird, ist derzeit völlig offen; in absehbarer Zeit dürfte jedenfalls kaum damit zu rechnen sein.