OFD Karlsruhe, Verfügung v. 13.8.2019, S 7330 - Karte 2

 

1. Zuzahlungen durch die Versicherten

Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind aufgrund des Sach- und Dienstleistungsprinzips (§ 2 Abs. 2 SGB V) verpflichtet, ihre Mitglieder auf Verordnung eines Arztes mit Medikamenten zu versorgen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung schließen sie zivilrechtliche Verträge mit den Apotheken ab. Aufgrund dieser zivilrechtlichen Vertragsbeziehung liefert die Apotheke Arzneimittel unmittelbar an die GKV (Abschn. 15.2b Abs. 1 UStAE). Es liegt keine Lieferung der Apotheke an den Versicherten vor, da lediglich eine dingliche Übereignung der Medikamente an ihn erfolgt. Eine Zuzahlung der Versicherten zum Medikamentenpreis ist daher Entgelt von dritter Seite (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG) für die Lieferung der Apotheke an die GKV.

Stellt eine Apotheke einem Versicherten ein Dokument über die Zuzahlung aus, sind daher die GKV als Leistungsempfänger anzugeben (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG). Wird in diesem Dokument kein Leistungsempfänger benannt, liegt keine Rechnung i.S. des § 14c UStG vor (BFH-Urteil vom 17.2.2011, V R 39/09, BStBl 2011 II S. 734). Gibt die Apotheke demgegenüber den Patienten als Leistungsempfänger an und enthält das Dokument auch den Rechnungsaussteller, das Entgelt, eine Leistungsbeschreibung und einen Umsatzsteuerausweis, schuldet die Apotheke die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG.

 

2. Herstellerrabatt nach § 130a SGB V an die GKV

Nach § 130a SGB V erhalten die GKV von Apotheken für zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag vom Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers. Pharmazeutische Unternehmer sind verpflichtet, den Apotheken oder ihren Zwischenhändlern den Abschlag zu erstatten. Die Erstattung des Abschlages zugunsten eines Abnehmers der Medikamentenlieferung führt zu einer Minderung des Entgelts nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG.

Grundlage für die Berechnung des Herstellerrabattes ist der Netto-Herstellerabgabepreis. Der so ermittelte Betrag ist ein Bruttobetrag. Bei der Berechnung der Entgeltminderung für die Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG ist daher die Umsatzsteuer aus dem Rabattbetrag herauszurechnen (BFH-Urteil vom 28.5.2009, V R 2/08, BStBl 2009 II S. 870).

Aufgrund des sog. Sach- und Dienstleistungsprinzips sind die GKV umsatzsteuerrechtliche Endabnehmer in der Lieferkette. Bei Erstattung des Rabattes durch den Hersteller sind nachfolgende Fallvarianten denkbar:

  1. Die Medikamente werden von den Herstellern über einen oder mehrere Zwischenhändler an die Apotheke geliefert. Die Erstattung des Rabattes erfolgt direkt zwischen Hersteller und Apotheke.

    Nach Abschn. 17.2 Abs. 1 UStAE kann der Hersteller in Höhe des Abschlages an die Apotheke eine Minderung der Bemessungsgrundlage geltend machen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 UStG), wenn sowohl die Arzneimittellieferung des Herstellers an seinen Abnehmer als auch die Lieferung der Apotheke an die gesetzliche Krankenversicherung im Inland steuerpflichtig sind und diese Voraussetzungen vom Hersteller nachgewiesen werden (Abschn. 17.2 Abs. 1 Satz 5 UStAE). Eine Rechnungsberichtigung ist nicht erforderlich.

    Bei der Apotheke stellt die Erstattung des Abschlages durch die Hersteller (ggf. über die Apothekenabrechnungsstelle) Entgelt von dritter Seite für die Lieferung der Arzneimittel dar (Abschn. 10.3 Abs. 7 Satz 3 UStAE).

    Beispiel

    Die Gesamtbelastung mit Umsatzsteuer beträgt damit (16,45 EUR + 19,00 EUR + 19,00 EUR =) 54,45 EUR. Dies entspricht dem Umsatzsteuerbetrag, den die Krankenkasse an die Apotheke zu zahlen hat (19% von 286,55 EUR).

  2. Die Medikamente werden von den Herstellern über einen oder mehrere Zwischenhändler an die Apotheke geliefert. Der Rabatt wird in der Kette durchgereicht.

    Der jeweils leistende Unternehmer in der Kette hat den für die ursprüngliche Lieferung geschuldeten Steuerbetrag, der jeweilige Leistungsempfänger hat den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerbetrag zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 UStG).

  3. Die Medikamente werden vom Hersteller direkt an die Apotheke geliefert.

    Der Hersteller hat die geschuldete Steuer und die Apotheke den Vorsteuerabzug analog zu Fall b zu berichtigen.

 

3. Herstellerrabatt nach § 1 AMRabG an private Krankenversicherungen sowie den Trägern der Beihilfe und der Heilfürsorge

Nach § 1 des Gesetzes über Rabatte für Arzneimittel (AMRabG) haben die pharmazeutischen Unternehmen den Unternehmen der privaten Krankenversicherung und den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften für verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Kosten diese ganz oder teilweise erstattet haben, nach dem Anteil der Kostentragung Abschläge entsprechend § 130a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V zu gewähren. Die Geltendmachung der Abschläge gegenüber den pharmazeutischen Unternehmen erfolgt durch die „Zentrale Stelle zur Abrechnung von Arzneimittelrabatten” (ZESAR), welche die vereinnahmten Beträge an die Anspruchsberechtigten weiterleitet.

Die Erstattung des Abschlage...

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